Juhuuu!!

Peter Tenner Jazz-Orchester - "10117 Berlin"

von Frank Becker
Bigband lebt!

Da soll noch mal einer sagen, das Zeitalter der Bigbands sei Geschichte. Peter Tenners Berliner Jazz-Orchester tritt mit seinem soeben bei Mons erschienenen Debüt-Album eindrucksvoll den Gegenbeweis an. Eine gelungene Mischung aus Kompositionen Peter Tenners, Standards und einem Volkslied, dazu blitzsaubere Arrangements von der Hand Tenners, ein ganz hervorragendes und hochmotiviertes Ensemble und die gute alte Schule von Bandleadern wie Kurt Edelhagen, Gil Evans ud Stan Kenton machen "10117 Berlin" zu einem 68-minütigen Hochgenuß.

Mit Jerome Kerns "All The Things You Are" erweist die Band zur Eröffnung in 8:18 Minuten harmoniereich und mit einem gefühlvollen Solo Peter Ehwalds (ss) den Altvorderen Reverenz, gefolgt von Tenners gut gelauntem "Juhuuu!!", dessen erste Akkorde wie eine Verneigung vor Horst Jankowski klingen. "Juhuuu!!" rief man übrigens früher in Berlin, wenn die Klingel kaputt oder die Hoftür abgeschlossen war. Die durch und durch fröhliche Nummer läßt eine Reihe von Solisten zu Wort kommen, die den Rang des Klangkörpers unterstreichen. Das Titelstück "10117 Berlin" (das ist Berlin Mitte) hat der Freiburger Peter Tenner, seit 2006 Dozent am Jazz-Institut Berlin, seiner Wahlheimat gewidmet, ein vielfarbiges Epos von fast 10 Minuten. Humorvoll parodieren die Saxophone in "March in Edinburgh" verblüffend nah am O-Ton die traditionellen Dudelsäcke. Ein Schmankerl.

"Gelassen" könnte auch der Titel von Tenners "Lassen" lauten, den abgeklärt legen die Posaunen einen weichen Sound-Teppich für das Solo Nikolaus Neusers (tp). Giorgi Kiknadzes Kontrabaß bereitet brummelnd und singend in "So treiben wir den Winter aus" dem Frühling heiter den grünen Boden. Ein weiterer Standard ist Dizzy Gillespies "A Night In Tunisia", an dem sich wohl noch kein Jazzer nicht versucht hat. Umso gespannter konnte man auf die Lösung sein, die Peter Tenner sich hat einfallen lassen. Mit E-Baß, Rhodes und Percussion hat er eine schnelle Fassung arrangiert, die viel vom 70er-Jahre Sound und einige swingende Passagen hat. Soli von Peter Ehwald (ts), Matti Klein (rhodes), Robby Geerken (perc) und Thomas Stieger (b) sind das Element der 
"Pop-orientierten" 70er.

Wunderschöne Bläsersätze zeichnen den "Choral" aus, "Filmmusik" wird seinem Titel gerecht und erinnert einmal mehr an Kurt Edelhagen. Für das Schlußstück "Fever" hat man die Sängerin Jessica Gall gewinnen können, die damit das einzige Vocal des Albums gestaltet. Wir haben Ihnen vor knapp zwei Jahren hier ihr eigenes Debüt-Album "Just Like You" vorgestellt. Die Soli von Jotham Bleiberg (tp) und Uli Kempendorf markieren dieses Stück, das allerdings eher als "Bonus" des ansonsten perfekt geschlossen wirkenden Albums zu betrachten ist. Wir erwarten ungeduldig "10178 Berlin".

Beispielbild

P
eter Tenner Jazz-Orchester

10117 Berlin

Peter Tenner - comp/cond.
Greg Bowen - Jotham Bleiberg - Nikolaus Neuser - Donat Kubrinski (tp/flh)
Nico Lohmann - Katja Gangoly (as/ss)
Peter Ehwald - Uli Kempendorff (ts/ss/cl)
Oliver Busch (bs/bcl)
Ralf Zickerick - Stefan Ulrich - Petra Krumphuber (tb)  
Otwin Zipp (btb)
Matti Klein (p, rhodes)
Giorgi Kiknadze (b)
Konrad Ullrich (dr)
Gäste:
Jessica Gall - Gesang (10)
Robby Geerken - Perc. (7, 10)
Thomas Stieger - E-Bass (7)

Produziert von Volker Greve/Peter Tenner
(P) + © 2010 Mons Records

Titel:
1. All The Things You Are  8:18
2. Juhuuu!!  6:44
3. 10117 Berlin  9:56
4. March In Edinburgh  6:52
5. Lassen  5:41
6. So treiben wir den Winter aus  5:31
7. A Night In Tunisia  7:00
8. Choral  5:02
9. Filmmusik  6:18
10. Fever  6:32

Gesamtzeit:  1:08:00

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