Chopin mit Glanz und Strahlkraft inszeniert

Mikhail Mordvinov interpretiert den polnischen Nationalkomponisten mitreißend

von Frank Becker

Mikhail Mordvinov - Foto © Mordvinov
Chopin mit Glanz
und Strahlkraft inszeniert
 
Mikhail Mordvinov interpretiert den
polnischen Nationalkomponisten mitreißend
 
Die für das allgemeine kulturelle „Sommerloch“ reich entschädigende Konzertreihe „Weltklassik am Klavier“ hat längst ihr Stammpublikum gefunden. So war denn auch am 18. Juli, an diesem wunderschönen Sommersonntag zum Auftritt des russischen Pianisten Mikhail Mordvinov (33) der Saal der Remscheider Klosterkirche gut besetzt. Der in Moskau ausgebildete und dort heute auch lehrende Konzertpianist hatte Mozart, Chopin, Grieg und Gershwin im musikalischen Reisegepäck.
 
Den Auftakt machte mit verhaltenem Anschlag im Andante grazioso W.A. Mozarts Sonate Nr. 11 A-Dur KV 331 „Alla turca“ (1778). Daß dem Künstler das Andante, die kunstvoll verspielten Variationen und das Menuetto nicht gut gerieten und er das Stück verschleppt und mit Fehlgriffen spielte, mag an einer ärgerlichen Störung gelegen haben. Kurz nach Beginn nämlich betrat ein älteres Paar in Freizeitkleidung den Saal, der Mann – kein Herr, notabene – wuselte mit einer piepsenden Digitalkamera ungerührt durch den Raum, umkreiste den Pianisten und fotografierte ihn einige Minuten lang zum allgemeinen Mißvergnügen aus allen möglichen Winkeln mit Blitzlicht. Herr Kadereit, so sein Name, war folglich das Pausenthema. Dann verschwand das Paar dezent türeklappernd wieder. Einige empörte Gäste kannten den Störenfried als Fotografen des Wuppertaler „Ronsdorfer Sonntagsblatt“. Kein Ruhmesblatt für die Branche.
 
Vergessen wir also flugs Mozart und Herrn Kadereit und wenden wir den Blick Lohnenderem zu: Programmpunkt 2, Frédéric Chopins Sonate Nr. 2 b-moll, op. 35. Schon der dramatische, wild aufwühlende Einsatz riß das Publikum mit und fesselte die Aufmerksamkeit beinahe zwingend. Dem furiosen Spiel konnte sich niemand entziehen. Mikhail Mordvinov entfesselte einen Sturm durch Flügel und Saal und erreichte, was ihm bei Mozart verwehrt blieb – die Zuhörer richteten sich auf, beugten sich vor, um ja keinen Ton zu verpassen. Ausdrucksvoll und tief empfunden lotete er das an Bildern und Dramatik reiche Stück aus, inszenierte diesen Chopin mit Glanz und Strahlkraft völlig neu. Großartig auch seine Interpretation des oft gehörten Trauermarsches, in dem unter seinen Händen die Trauer nahezu zum Triumph erhoben wurde.
 
Blumige, farbig bewegte Petitessen eröffneten Teil 2 des Konzerts: Chopins „3 neue Etüden“, die neben anderen Zitaten auch einen Akkord aus dem eben gehörten Trauermarsch enthielten. Edvard Griegs „Aus dem Volksleben“, ein deftiger Tanz auf der Tenne, ein ländlicher Reigen und beinahe rhapsodisch im verplaudert sprudelnden letzten Stück, schloß sich an und ging Mordvinov ebenso brillant von der Hand wie zuvor Chopin.
Reich an Selbstzitaten standen George Gershwins „3 Präludien“ am Ende des Programms. In Melodik, Synkopierung und Idee seiner großen „Rhapsody in Blue“ ähnlich (und zur gleichen Zeit wie diese entstanden) sind die Preludes Ausdruck von Gershwins jazzorientierter Sinfonik. Zwei Chopin-Zugaben rundeten den Genuß und den Nachmittag.

Weitere Informationen unter: www.mordvinov.org