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Die Kolumne am Mittwoch

von Friederike Zelesko
… bis Z
 
Die Kolumne am Mittwoch
von  Friederike Zelesko
 

Das gegenüberliegende Rheinufer ist zum Greifen nah. Hier ist es mit Geröll übersät. Die Steine sind der treibenden Gewalt des Wassers entkommen und bleichen im Freien. Dazwischen sprießen vereinzelte Büschel Grün. Zahllose Samenkörner hatten sich hierher verirrt.
            Das Ausflugsschiff hat sich nicht verirrt. Es fährt pünktlich nach Plan. Auf dem makellos weiß gestrichenen Schiff winken viele Menschen. Sie buchten eine der üblichen Ausflugsrouten stromabwärts, wagten es, ihren Fuß freiwillig auf den Strom zu setzten. Sie vertrauen der Schifffahrtslinie und haben den festen Boden gegen einen schwankenden eingetauscht.
            Ich vertraue meinem Gedankenstrom, lasse ihn an seinen Ufern gewähren, im Grün, im Blau. Ich kümmere mich weder um das Stampfen des Ausflugsschiffes, noch um die auf dem nahen Flughafen Düsseldorf zur Landung ansetzenden Flugzeuge. Kleine Ungeheuer sind sie, fliegen ganz niedrig und erschrecken mich mit ihrem hinterlistig am Boden kriechenden Schatten. Ein kleines mückenhaftes Boot sticht mit Surren ins Wasser daß es nur so schäumt. Ein Öltanker quält sich flußaufwärts. Wer wohl im nächsten Hafen so dringend auf ihn wartet? 
            In der Ferne sehe ich die Umrisse der Rheinbrücke - wie aus Silberdraht gebogen. Ein Schmuckstück. Auch die Umrisse der Stadt mit ihren Kirchtürmen und die Kuppel der Tonhalle wirken filigran. Ich stehe vor einer Vitrine kleiner Kostbarkeiten, sorge mich um ihre Zerbrechlichkeit und vergesse dabei meine eigene für einen glücklichen Moment. Ich habe alles was ich mir wünsche. „Wünsche sind die beachtlichsten Brückenbauer und die mutigsten Begeher“, las ich irgendwo. Wer das gesagt hat weiß ich nicht mehr. Diese Worte passen jetzt genau in dieses  Bild.
            Ein Schmetterling hat sich auf meine Seite des Ufers geschlagen. Späte Blüten locken ihn an. Alles fügt sich. Das Ufer erreicht wer kann. Der Strom ist ständig in Bewegung. Er trägt sich und alle mutigen „Begeher“. Der Himmel hat sein Blau in das Wasser geleert. Das flüssige Blau wird sofort eine Schattierung dunkler. Luft und Wasser treiben so ihre Spiele. Ich bin Erde und Feuer und spiele mit:
 
Wasserwirbel drehen kunstvoll Wasserstricke.
Angebunden sind sie im Winter klirrende
Saiten für Konzerte. Von der Wassermusik gefesselte
Stromschnellen hören wie
Eis und Schnee in veränderter Form
Rastlos musizieren.


© Friederike Zelesko - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2010