Klärung der Verhältnisse

von Karl Otto Mühl
Klärung der Verhältnisse
 
Dieser Tage, das heißt,
es war Nacht,
stand plötzlich einer vor mir,
spindeldürr, Knochenmann,
in der Hand die Laterne.
 
Er hatte, wie immer schon,
die Zigarette im Mund,
die hatte ihn ja
ins Grab gebracht.
 
Da erkannte ich ihn,
es war ein Freund.
 
Ich freute mich schon,
da sagte er. Ich
will da was berichtigen:
 
Ihr maßt euch an,
uns zu ehren,
zu erinnern, uns recht zu geben –
und sonst noch alles,
was weiß ich.
 
Ihr tut, als müsstet Ihr
uns am Leben erhalten,
wie oben gesagt.
 
Dabei sind es wir,
wir Toten,
die euch erhalten.
 
Wie Tannen am Abend
stehn wir am Hang
und blicken auf euch.
 
Wir stehn noch,
wenn Ihr bleich da liegt,
und zeigen den Weg
in ein weites Land,
wo wir auf euch warten.
 
Wir sind es,
die bleiben.
Nicht Ihr.
 
 
Karl Otto Mühl