Peter für Pina

Ein Buch über den Bühnenbilder Peter Pabst

von Jürgen Kasten
Peter für Pina
Der Bühnenbildner Peter Pabst
 
Peter für Pina – ein Liebesbeweis? In gewisser Weise schon. Kongenial gestaltete sich über ganze 29 Jahre die Zusammenarbeit des Bühnenbildners Peter Pabst mit der außergewöhnlichen Choreographin Pina Bausch. Geprägt von gegenseitigem Respekt, von Hochachtung voreinander und gegenseitiger Verehrung. Pina Bausch zeigte sich eher introvertiert. Ihr Ausdrucksmittel war nicht die Sprache. Sie lebte den Tanz. Die Möglichkeiten und

Peter Pabst und sein Buch -
Foto © Karl-Heinz Krauskopf
Ausdrucksweisen des Tanztheaters entwickelte und perfektionierte sie immer weiter, immer wieder aufs Neue. Der weltumspannende Jubel, den ihr Tanztheater Wuppertal Pina Bausch bis heute
verursacht, bestätigt das auch über ihren Tod hinaus. Dafür brauchte sie starke, innovative Partner.

Ohne Zweifel ist Peter Pabst so einer. Die Kreationen des Tanztheaters der Pina Bausch sind ohne seine Bühnenbilder nicht denkbar. „Schon lange war es Pinas Wunsch gewesen, ein Buch über die Bühnenbilder zu machen, die in den 29 Jahren unserer Zusammenarbeit entstanden sind“, sagt Peter Pabst in seinem Nachwort. „Ein Geschenk von ›Pina für Peter‹ sozusagen“.











Sweet Mambo - Foto © Karl-Heinz Krauskopf
 
Entstanden ist ein Kunstbuch von 368 Seiten mit 500 Fotos und Abbildungen in einer offenen, geschraubten, Bindung, durch die es vorläufig unvollendet bleibt, bleiben soll. Peter Pabst, 1944 in Grätz geboren, studierte an den Kölner Werkschulen Kostüm und Bühnenbild. Er arbeitete für Peter Zadek und später als freier Bühnen- und Kostümbildner für Schauspiel, Tanztheater, Oper, Film und Fernsehen. Für Pina Bausch ab 1979.
Daß er auch ein herrlicher Erzähler ist, beweist er im Interview mit Wim Wenders. Man glaubt förmlich, daneben zu sitzen, während Peter Pabst launig mit viel Witz sein Suchen nach Motiven für ein neues Bild schildert, den perfekten Tanzboden, das richtige Material. Stellte er es Pina im Modell vor, war sie mal sogleich begeistert oder ging auch schon mal wortlos wieder weg. Im Nachhinein stellte sich auch das dann als Zustimmung heraus. Manchesmal hatte sie zusätzliche Ideen, und Peter Pabst sagte „mach ich“, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie er es bewerkstelligen sollte. Die hatte er anfangs eigentlich nie. Er schaute bei den Proben vorbei, sprach mit Pina und den Tänzern, holte sich Anregungen und Eindrücke im Partnerland, zu dem die Stücke einen Bezug hatten und formte seine Idee zum Bühnenbild. Die Realisierung war der zweite, wirklich schwierige Schritt. Der Beschaffung des richtigen Materials ging eine lange Reihe von Versuchen voraus.
 
Über alle seine Bühnenbilder weiß Peter Pabst eine spannende Geschichte zu erzählen. Zum Beispiel über „Nelken“: 8000 Nelken sollten die gesamte Bühne bedecken. Es mußten ja Kunststoffblumen sein, und die waren auf dem normalen Markt nicht zu bekommen oder zu teuer. Woher also nehmen? Den entscheidenden Hinweis erhielt er aus der thailändischen Botschaft in Bonn. Darüber entstand ein Kontakt nach Bangkok und zu einem Importeur in Hamburg. Der wiederum hatte einen Chinesen an der Hand, der die Blumen auf Bestellung fertigte. Das nächste Problem war der Boden. Die Blumen mußten gesteckt werden und das wichtigste – die Tänzer mußten sich auf ihm und den Blumen bewegen können. Das ist nur ein Kurzbeispiel  von vielen. Pabst arbeitete mit Erde, Asche, Sand, künstlichem Schnee, vielen anderen Materialien, Videoprojektionen und vor allem mit Wasser, das Pina so liebte. „Ich muß bei meinen Bühnenbildern eine eigene künstlerische Form finden. Da bieten sich

"Nelken" in Bochum mit Bildern von Guy Delahaye - Foto © Jürgen Kasten
Naturmaterialien an, weil sie im Sinne von Kunst keine Formen haben. Sie haben wunderbare Formen im Sinne der Biologie. Und sie sind widerspenstig, weil sie ja erst mal nicht ins Theater gehören,…“ sagt Peter Pabst.
 
Vor der Konzeption des Buches hat er mit vielen der Fotografen, die seit Jahren das Tanztheater begleiten, gesprochen. Eine Auswahl ihrer Bilder stellen das Hauptwerk dieses Kunstprojektes dar. Ergänzt durch Peter Pabsts eigene Fotos, Skizzen und seine Kommentare. „Meine Bilder sind spannend, verspielt, hart, wuchtig, schön, häßlich – niemals aber haben sie eine eigene Bedeutung.“ sagt er und man könnte anfügen „weil sie sich immer in den Dienst der Stücke und des Ensembles stellten“.
Doch stimmt das so nicht ganz. Denn vor 2 Jahren wurden einige der Bühnenbilder als Rauminstallationen im Kunstmuseum Bochum präsentiert. Die Zuschauer konnten hindurch wandeln, verweilen oder träumen und siehe da, die Bilder entfalteten eine ganz eigene Wirkung, (Traum)wirklichkeit und dies außerhalb des Tanztheaters.
 
„Nelken muß man trösten“ – in diesem fast dreißig Seiten langen Gespräch, das Wim Wenders mit Peter Pabst führte, wird uns die komplette Arbeit eines Bühnenbildners vor Augen geführt: Die kreative Phase, die Zwänge des Budgets, des Raumes, der Zeitdruck, die Realisierung und ihre technische Schwierigkeiten und die vielen Helfer, die notwendig sind, bis das Werk auf der Bühne steht. Seinen Mitarbeitern, Unterstützern, Technikern und Bühnenarbeitern gesteht Peter Pabst viel lobende Worte zu. Auch vergißt er nicht zu erwähnen, daß er nur deshalb zum Tanztheater fand, weil Rolf Borzik, Pina Bauschs Lebensgefährte und vormaliger Bühnenbildner, so früh verstorben war.
Ein spannender Einblick in die Welt des Tanztheaters Pina Bausch. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Blick vor, hinter und unter die Kulissen. Ein opulentes Bilderwerk. Ein Kunst-Buch-Objekt, das nicht nur die Anhänger der “Pina –Bausch-Gemeinde“ in aller Welt entzücken wird.


Tanztheater Pina Bausch "Vollmond" am 10. November 2009 in Paris  -  Foto © Karl-Heinz Krauskopf
 
Das Buch ist ab sofort auch am Merchandising-Stand des Tanztheaters während der Aufführungen im Opernhaus Wuppertal und über den Onlineshop erhältlich: www.tanztheater-wuppertal-shop.de
 
 
Peter für Pina - Konzept: Peter Pabst, Ulli Weiss, Alfred Friese
Redaktion und Entwurf Bildteil: Peter Pabst, Ulli Weiss
Autoren: Leonetta Bentivoglio, Fabian Lettow, Peter Pabst, Patrick Sourd, Wim Wenders.
© 2010 Tanztheater Wuppertal Pina Bausch GmbH (Herausgeber)
Broschur im Schuber, 368 Seiten, ca. 500 Abbildungen, 230 x 333 x 46 mm
Druck Verlag Kettler GmbH
Dreisprachige Broschüre im Schuber: Deutsch/Englisch/Französisch
€ 68,00 - ISBN: 978-3-86206-046-7
 
Weitere Informationen: www.pina-bausch.de
 
Redaktion: Frank Becker