Konrad Beikircher
Musikstunde Robert Schumann und Clara
Teil 1 einer Brautwerbung Liebe Freunde meiner Dienstagsplauderei in den Musenblättern,
das Fest der Feste naht mit Riesenschritten, langsam zieht auch wieder der Frost an, und wenn man den Wetterfröschen glauben darf, können wir uns auf romantische weiße Weihnachten freuen. Da sitzt man dann gerne zu Hause in der warmen Stube und hört zum Tee und Stollen ein bißchen Musik - vielleicht ja von Robert Schumann, dessen "Jahr" jetzt auch zu Ende geht.
Also: Ich wollte ja heute erzählen, wie Robert um seine Clara gekämpft hat und zwar gegen deren Papa, weil das ein wirklich schönes Stück erfolgreichen Brautwerbens ist. Als er im werbefähigen Alter war, war er ein junger Mann der Avantgarde. Im „Kaffeebaum“ in Leipzig saß er in der Zeit mit seinen Davidsbündlern herum, hat sich zwar mit Burschenschaftern und dergleichen nicht abgegeben, pflegte aber schon den Eindruck, daß hier ein Genie herumsitzt, das im Grunde nur noch auf den letzten Kick wartet, um abzuheben. Schach gespielt bis zum Ermatten, geraucht wie ein Schlot - eine Leidenschaft, in der er Brahms sehr verbunden war - und „geistigen Anregungen“ durchaus zugewandt, das heißt: der Kaffeebaum in Leipzig war quasi das 'Ballermann 6' der damaligen Avantgarde. Zeitlebens hat er damit zu kämpfen gehabt: mit Alkohol und Zigarren.
Flechsig schreibt: „Beim Komponieren seh ich ihn noch in einer närrischen Haltung sitzen: da er immer Zigarren schmauchte, biß ihn der Rauch in die Augen, weshalb er Mund und Glimmstengel möglichst aufwärts preßte und mit dem Auge abwärts schielte, wunderliche Grimassen schneidend. Auch genierte ihn noch sonst die Zigarre, da er die Melodie zum Liede gerne pfiff, und Pfeifen mit der Zigarre im Mund doch fast unmöglich angeht“.
Man sieht: auch hier wieder der Hang zum Unpraktischen. Aber egal.
Und was hat er so gegessen? Das wissen wir von ihm selber:
„Nichts Fettes, nichts Süßes. Höchste Lieblingsspeisen: Rindfleisch mit Reis, Nudeln, Gräupchen und dergleichen. Kalbfleisch, Schöpsenfleisch. Schweinefleisch seltener, wenn nicht fett ist. Braten, alle, wenn nicht fett. Mehlspeisen keine, durchaus keine. Eierspeisen gerne. Suppen, Bouillon sehr gerne. Früchte, Eingemachtes nicht. Salate, saure, alle. Fische alle, ausgenommen Aal. Gemüse gerne, außer die süßen wie Möhren etc“.
Klingt ja fast wie das Inhaltsverzeichnis eines Diät-Buches. Also schon was eigen für die damalige Zeit. Sehr eigen. Ob Clara das alles wußte?
Aber zurück zum Brautpaar: man war – heimlich – verlobt, der Papa aber war radikal gegen diese Verbindung, Sine Tochter sollte die Konzertkarriere konsequent verfolgen und Weltruhm erlangen, da kann man so einen Komponisten nicht gebrauchen. Clara fühlte sich von ihrem Robert etwas hingehalten, zögerlich war er ja immer schon gewesen und blieb es eigentlich sein Leben lang, er aber, Robert, merkte nun, daß es Ernst wird und er Ernst machen muß.
Er hatte ja mal Jus studiert. Also kam er auf die Idee, die Richter klären zu lassen, ob er nicht auch ohne die Einwilligung vom alten Wieck sein Klärchen heiraten könne. Da war natürlich einiges los. Das Gericht sagt erstmal: nee, dazu braucht es keine Richter, das kann ein Schiedsverfahren klären. Gut. Schumann ab nach Berlin, um die Hilfe von Klaras Mutter zu erbitten, die dort verheiratet war, weil sie es mit dem alten Wieck auch nicht mehr ausgehalten hatte. Nach einigem Geplänkel kam es dann zu einem Gerichtstermin, bei dem der alte Wieck sich so lautstark aufführte, daß der Richter ihm mehrere Male das Wort entziehen mußte.
Und was er alles verlangte! Daß die beiden, wenn er denn schon einwilligen müsse, so lange er lebe, nicht in Sachsen leben dürften; daß er Klärchens Vermögen erstmal behalten wolle und frühestens fünf Jahre nach Eheschließung auszahlen wolle; daß Schumann seine Einkommensverhältnisse gerichtlich beglaubigen lassen solle und daß Klara auf alles, was nach Erbschaft auch nur riecht, zu verzichten habe. Und dann gings erst richtig los:
„Und überhaupt, hohes Gericht, wissen Sie eigentlich, was das fürn Mensch is, der Schumann? N sittnloser Drunkenbold isser, n Algoholigger wie er im Buch steht, der erste im Gaffeebaum wenns aufmacht und dr letzte, wenn die Stühle hochgestellt werdn, verlobt war er schon und überhaupt ein vollgommen unmoralisches Subjeggt, dem kein liebender Vater seine Tochter anverdraun gann“ und so weiter und so weiter... (quasi wörtliches Zitat). Na das kann was werden.
Kriegen sich die beiden denn nun auch offiziell? Sie wissen das natürlich, aber ich mache es mit Absicht ein bißchen spannend, damit Sie auch nächsten Dienstag hier ein Geschichtchen finden: den Schluß der Schumannschen Brautwerbung. Bis dahin alles Gute! Ihr
Konrad Beikircher
© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2010
Redaktion: Frank Becker |