Beeilen wir uns, die Philosophie unter die Leute zu bringen!

André Comte-Sponville – „Glück ist das Ziel, Philosophie der Weg“

von Frank Becker

Titelzeichnung: Sempé
Anständig philosophieren - leicht gemacht
 
„Wer zwei Paar Hosen hat, mache eins zu Geld
und schaffe sich dieses Buch an!“
(Georg Christoph Lichtenberg)

Den Weg zum Glück, den André Comte-Sponville im Titel seiner Essay-Sammlung vorschlägt, gehen wir gerne mit - neugierig bin ich der verlockenden Einladung „Glück ist das Ziel, Philosophie der Weg“ gefolgt - und habe mich in das im Zürcher Diogenes Verlag erschienene feine Bändchen verliebt.
„Philosophieren heißt, selbst zu denken; doch dabei erzielen wir nur vernünftige Ergebnisse, wenn wir uns zunächst auf die Gedanken anderer stützen, vor allem der großen Philosophen der Vergangenheit.“ Damit beginnt Comte-Sponville die Zusammenfassung der zwölf erweiterten Einleitungen seiner „Carnets de philosophie“, in denen er seine Ergebnisse eben dieses Prozesses zu Moral, Politik, Liebe, Tod, Erkenntnis, Freiheit, Gott, Atheismus, Kunst, Zeit, Menschsein und Weisheit auch Laien verständlich, hervorragend lesbar und mit bestechender Logik manifest gemacht hat.

Gibt es Gott? Comte-Sponville hält sich zurück: Wir können es nicht wissen. Nur hoffen. Und wer sich im Besitze der Wahrheit glaubt - da gibt es viele, dem sei ins Stammbuch geschrieben: „Wenn wir felsenfest glauben, die Wahrheit zu besitzen, müssen wir wissen, daß wir glauben, und nicht glauben, daß wir wissen.“ Hier zitiert er trefflich David Hume. Belesen und beredt läßt Comte-Sponville die Elite der alten und neuen Philosophie zu Wort kommen, getreu seiner Maxime „...auf die Gedanken anderer stützen“ - und öffnet dabei unentwegt Horizonte fürs Denken und zur Selbstreflexion.

Das Kapitel zur Politik eröffnet er mit einem grandiosen Satz von Alain (d.i. Émile Auguste Chartier): „Wir müssen an die Politik denken; wenn wir es nicht ausreichend tun, werden wir grausam bestraft werden.“ Tun wir es also - und seien wir uns stets bewußt: Zwischen absolutem Unwissen und absolutem Wissen ist Raum für die Erkenntnis und den Fortschritt der Erkenntnis.“ Die „demokratischen“ Politiker unserer Zeit vor Augen scheint das auch hundert Jahre später eine existentielle Notwendigkeit zu sein. Auf André Comte-Sponvilles Weg durch die Welt der Philosophie begegnen wir der Elite der abendländischen Denker, von Seneca bis Voltaire, von Platon bis Popper, von Kant bis Spinoza. Wer etwas zu sagen hat, kommt zu Wort. Brillant ergänzen Zeichnungen des philosophischsten unter den Cartoonisten die Kapitel: Sempé. Da möchte man manches der Blätter besitzen und über dem Schreibtisch aufhängen. Hervorragend auch die Bibliographie, nach Themen-Kapiteln geordnet.

„Beeilen wir uns (also), die Philosophie unter die Leute zu bringen!“ (Denis Diderot). Dem ist nichts hinzuzufügen, außer der einleitenden Empfehlung Georg Christoph Lichtenbergs, der wir uns gerne anschließen.
 
André Comte-Sponville – „Glück ist das Ziel, Philosophie der Weg“
Mit Zeichnungen von Sempé
© 2010 Diogenes Verlag, 192 Seiten, Ganzleinen mit Schutzumschlag und Lesebändchen
14,90 €

Weitere Informationen unter:  www.diogenes.ch