Unter fremden Sternen

Orkanfahrt - 26 Kapitäne erzählen ihre besten Geschichten

von Frank Becker
Deine Heimat ist das Meer...

Als Jungen haben wir den Traum von der romantischen Seefahrt geträumt, von abenteuerlichen Reisen auf den Weltmeeren, von weißen Schiffen und geschäftigen Häfen in exotischen Ländern, von pittoresken Hafenkneipen und braunen Mädchen auf Bali und Hawaii. Die Sehnsuchts-Filme im Kino der 50er und 60er Jahre und Schlager von Freddy Quinn und Lolita trugen ihren Teil ebenso dazu bei wie die wasserblauen Augen und die Schiffermütze von Hans Albers, die Waterkant-Komödien des Hamburger Ohnesorg-Theaters und die "Haifischbar" mit
Hilde Sicks, Ernst Grabbe und Günter Lüdke im Fernsehen.

Was wir uns nicht klar gemacht haben, waren die Gefahren - ach ja, das bißchen Sturm..., aber wir sind doch Kerle - der Seefahrt, die schon beim Auslaufen in Hamburg lauerten, wenn der der "Blanke Hans" unberechenbar zuschlagen konnte.
26 Männer, die ihren Traum von der Seefahrt wahrgemacht haben und die nach der Knochentour vom Moses zum Kapitän die Meere als Kapitäne von Fracht- und Fahrgastschiffen, auf Fischtrawlern und Seenot-Rettungskreuzern, ja sogar noch auf archaischen Segelschiffen befuhren, haben den Autoren Stefan Krücken und Achim Multhaupt für das ungemein spannende Buch "Orkanfahrt" von Stürmen und tobender See erzählt, von den gefährlichsten Stunden und Tagen, die in ihrer Verantwortung für Mannschaft, Passagiere, Schiff und Ladung im aufgewühlten Meer überstehen mußten.

Wir lesen von gigantischen Wellen, die mit riesigen Schiffen wie mit Nußschalen spielen, vom schlimmsten Sturm der weltweiten Wetteraufzeichnung, von gefährlichen Ladungen, korrupten Beamten und Piratenangriffen, von Schiffbruch und Tod und dem gefürchteten Schreckensruf: "Mann über Bord!". Auch der Schnaps spielt (wie auch anders in der Christlichen Seefahrt) eine nicht unbedeutende Rolle.
Das Buch beginnt mit der wirklich nervenzerfetzenden Geschichte des berüchtigten Hurricans, der den Stahlfrachter "Svea Pacific" vom 28.-30 Oktober 1991 im Nordatlantik packt und beinahe versenkt. Kapitän Emil Fleith hat sein Schiff durch diesen schlimmsten jemals dokumentierten Sturm gesteuert und überlebt. Viele Schiffe gingen in diesen Tagen mit Mann und Maus verloren.

Hans-Peter Jürgens, einer der letzten Kap Hoorniers, erlebte als Schiffsjunge auf der letzten Fracht-Fahrt der Viermastbark "Priwall" im Juli 1939, warum das Kap am Südzipfel Südamerikas von den Seeleuten auch "Kap Zorn" genannt wird. Drei Wochen lang kreuzt die Bark in eisigem Sturm vor Kap Hoorn, bis die Passage ohne Verluste gelingt. 600 Schiffe waren zuvor am Kap gescheitert und mit ihnen
10.000 Seeleute zu Grunde gegangen. Die "Priwall" war das letzte Segelschiff, das mit Fracht Kap Hoorn umrundete.
Das sind nur zwei Beispiele aus diesem aufregenden, bisweilen auch heiteren, immer aber mit Gewinn zu lesenden Buch, das ich unbedingt empfehlen kann - Jungen, die vom Abenteuer träumen, Erwachsenen, die mal wieder Träume nötig haben, aber auch den Männern der See, die auch heute noch auf den Meeren unterwegs sind und während der Freiwache etwas zum Schmökern brauchen.
Denn die Wolken, der Wind und das weite Meer haben nach wie vor ihren Reiz.

Beispielbild

Orkanfahrt
26 Kapitäne erzählen ihre besten Geschichten
aufgezeichnet von Stefan Krücken und Achim Multhaupt

© 2010 Piper Verlag / Malik

202 Seiten, Klappenbroschur, mit Portraitfotos, Glossar und einer Karte
14,95 €

Weitere Informationen:
www.malik.de
www.nationalgeographic.de