Geschmackssache?

Ein offenes Wort

von Frank Becker

Foto © Silke Kesting
Geschmackssache?

Der Presse ist zu entnehmen, daß die Stadt Karlsruhe, namentlich deren Tourismus-Beauftragte Monika Storck, ernsthaft erwägt, eine Stadt-Führung auf den Spuren des brutalen Frauenmörders Heinrich Pommerenke anzubieten, der Ende der 1950er Jahre sein Unwesen trieb. Man muß sich fragen, wie weit eigentlich die Bereitschaft solcher PR-Leute geht, jegliche Zurückhaltung gegenüber dem realen Grauen und den Gefühlen der Angehörigen der damaligen Opfer abzulegen, nur um mit solch höchst zweifelhaften, ja nachgerade unanständigen Angeboten Leute anzulocken. Und es stellt sich überdies die Frage, ob mögliche Interessenten das richtige Publikum sind, das man in seiner Stadt haben möchte. Eine Kommune sollte darauf verzichten können, ja es nicht einmal erwägen, vor billiger Sensationsgier sabbernde Perverse stolz nach dem Motto herumzuführen "Schaut her, hier hat der Mörder dies oder das Fürchterliche mit seinen Opfern angestellt".
Aber vielleicht ist ja das Gefühl dafür durch das ständige Trommelfeuer von Sensationspresse und Kommerzfernsehen schon so zerstört, daß man nur noch nach dem "Kick" sucht. Frau Storck könnte ja, um das Maß voll zu machen, vielleicht nach Kooperationspartnern in Düsseldorf (Peter Kürten), Hannover (Friedrich Haarmann), Velbert (Jürgen Bartsch), Hamburg (Fritz Honka), Duisburg (Joachim Kroll) und Berlin (Karl Großmann, Bruno Lüdtke, Thomas Rung) suchen und mit denen eine Massenmörder-Tournee durch die Republik organisieren. Ein schickes Motto wird ihr dazu gewiß auch noch einfallen.

Man kann sich in ungläubigem Staunen nur noch an den Kopf fassen. Nein, das unterliegt keinesfalls der schulterzuckenden Definition der "Geschmackssache". Das ist schlich und einfach indiskutabel, Frau Storck.

Ihr
Frank Becker