„INSCENA“

Georg Büchners "Woyzeck" als schulbegleitendes Projekt im WTT

von Martin Hagemeyer
„INSCENA“

Wenn in der Schule dramatische Literatur auf dem Lehrplan steht, können natürlich Sachtexte zum jeweiligen historischen Hintergrund nützlich sein, ebenso wie das Gespräch über Handlung und Charaktere. Aber Theater gehört vor allem auf die Bühne – und da werden viele Lehrer und vielleicht auch so mancher Schüler zuweilen bedauern, daß im Unterricht dieser lebendige Zugang zum Stück normalerweise nicht möglich ist. „Wir können das. Denn wir sind ja ein Theater“, stellt dagegen Claudia Sowa fest, die neue Intendantin des Westdeutschen Tourneetheaters in Remscheid – in diesen Tagen startet nämlich an der Bismarckstraße das schulbegleitende Projekt „INSCENA“.
 
Im Studio des WTT haben Remscheider Oberstufenschüler hier die Gelegenheit, Georg Büchners Stück „Woyzeck“, derzeit im Programm des Zentralabiturs, einmal auf ur-theatrale Weise kennenzulernen. Nach einigen theoretischen Betrachtungen ist die Bühne zeitweise frei für die Praxis, sprich: das Spiel. Vier angehende Schauspieler, Mitglieder des Kooperationspartners Junges Theater Leverkusen, machen die gerade gehörten Hintergründe erlebbar: Eine Szene wird von ihnen zunächst gelesen, dann in einer texttreuen Version gespielt und schließlich mit verändertem Text um Inszenierungselemente erweitert. So präsentiert, verspricht Sowa, regt das Stück unmittelbar zur Auseinandersetzung an und dazu, die Figuren auf sich selbst zu beziehen. Zudem kann bis hin zur Ebene des einzelnen Satzes gezeigt werden, welche Interpretationen möglich sind, je nachdem wie man liest. Anschließend wird das Gesehene Gegenstand des gemeinsamen Gesprächs zwischen den Schülern und den Darstellern, die ja selbst nur wenige Jahre älter sind.
 
Ausgewählt wurde aus dem Büchner-Text die Szene mit dem Doktor, der in Woyzeck nichts sieht als einen „casus“ für die Wissenschaft –der wichtige Stückaspekt, daß der Titel-(Anti-)Held von allen zum Objekt gemacht wird, kommt hier besonders deutlich zum Ausdruck. „INSCENA“ kann also tatsächlich als ganz konkrete Hilfestellung zum Verständnis des Schulstoffs gesehen werden. Aber Claudia Sowa läßt keinen Zweifel daran, daß das Projekt ihr auch als Theatermensch ein Herzensanliegen ist: Theater, das soll klar werden, ist eine lebendige Kunst, und „es ist und kann mehr“, wie sie sagt – mehr als manche moderne Attraktion, die nur „konsumiert“ sein will. Wenn diese Botschaft ankommt, so ist dies für das WTT Grund genug, „INSCENA“ bei genügend Erfolg dauerhaft anzubieten; Goethes „Iphigenie“ ist schon fest eingeplant.

Weitere Informationen unter:
www.wtt-remscheid.de