Zwei Paare, zwei Schwestern

Georg Köhl inszeniert in Wuppertal „Arabella“ von Richard Strauss

von Martin Hagemeyer

Foto © Frank Becker
Zwei Paare, zwei Schwestern

Georg Köhl inszeniert in Wuppertal
„Arabella“ von Richard Strauss
 
Musikalische Leitung: Hilary Griffiths – Inszenierung: Georg Köhl – Bühnenbild: Peter Werner – Kostüme: Claus Stump – Dramaturgie: Ulrike Olbrich.
Besetzung: Arabella: Banu Böke –  Mandryka: Kay Stiefermann Zdenka: Dorothea Brandt –  Graf Waldner: Michael Tews Gräfin Adelaide: Joslyn Rechter –  Matteo: Oliver Ringelhahn –  Elemer: Boris Leisenheimer Dominik: Miljan Milović –  Lamoral: Thomas Schobert –  Fiaker-Milli: Elena Fink –  Kartenaufschlägerin: Marina Edelhagen –  Welko: Philipp Werner Zimmerkellner: Mario Trelles Diaz
Chor der Wuppertaler Bühnen - Sinfonieorchester Wuppertal 


Hofmannsthals letztes Libretto

 
Für die Oper „Arabella“ von Richard Strauss steuerte der Dichter Hugo von Hofmannsthal zum letzten Mal vor seinem unerwarteten Tod 1929 das Libretto bei. Die Wuppertaler Bühnen bringen das Werk nun in der Regie von Georg Köhl und unter der musikalischen Leitung von Hilary Griffiths heraus.
 
Die Titelheldin ist Tochter des Grafen Waldner, der das Familienvermögen beim Glücksspiel durchgebracht hat und jetzt nach einer guten Partie für sie sucht. Es fehlt nicht an passenden Kandidaten; aber die eigensinnige Arabella (raumgreifend: Banu Böke) ist für einen unbekannten Fremden entbrannt. Schon ihr Wechselbad der Gefühle spiegelt sich deutlich in der Musik: Ihr Gesangspart vor dem Faschingsball, von dem sie sich ein Treffen mit dem Geliebten erhofft, drückt bald Zuversicht aus, bald Zweifel, und schließlich mischen sich schon die ersten Walzerklänge hinein.
Wie es der Zufall des Textes will, hat ihr Vater (Michael Tews als komische Figur) Arabellas heimliche Liebe, den Grafen Mandryka, durch einen Irrtum bereits auf seine Tochter aufmerksam gemacht; und der wohlhabende Kroate schwärmt zu Beginn des Balls auch gleich: „Das ist ein Engel, der vom Himmel niedersteigt“ (Bariton Kay Stiefermann eröffnet kraftvoll den zweiten Akt). Kaum einander vorgestellt, folgt schon Arabellas Versprechen: „Und du wirst mein Gebieter sein und ich dir untertan“ – trotz der heute womöglich befremdlich anmutenden Unterwerfungsrhetorik eine der bekanntesten Strauss-Arien.
 
Starke Charaktere, sinnfällige Musik

Doch dann drängt der andere Handlungsstrang in den Vordergrund, der der Oper den nötigen Konfliktstoff verleiht: Arabellas Schwester Zdenka (zart: Dorothea Brandt) wurde gezwungen, als Junge herumzulaufen, und hat sich in den Kopf gesetzt, ihre privilegierte Schwester mit deren verzweifeltem Verehrer Matteo (Tenor Oliver Ringelhahn) zusammenzubringen, den eigentlich Zdenka selbst liebt. Wenn sie diesem dann den Schlüssel zu Arabellas Zimmer übergibt, um ihn dort selbst zu empfangen, übernimmt ihre ehrliche Sorge für Matteo die Funktion, für die es sonst in vielen Stücken eine Intrige gibt: Irritation und (hier vorübergehende) Trübung des Liebesglücks. Ihr doppeltes Spiel aus besten Motiven weckt Mandrykas Eifersucht, der den Schlüssel mißversteht und Untreue Arabellas vermutet; es verwirrt aber auch den unglücklichen Matteo, der nicht verstehen kann, wieso die Angebetete ihm nur mit Kühle begegnet – trotz mehrerer verliebter Briefe (die in Wahrheit von Zdenka stammen). „Mir graut vor so viel Virtuosität“, läßt das Libretto ihn ironisch klagen, und die Partitur macht die Konfusion mit gehetztem Tempo hörbar. Zwischendurch sorgt die frivole Fiaker-Milli (Elena Fink) mit schrillen Intervallen für Bewegung.


Banu Böke (links), Kay Stiefermann (rechts), Ensemble - Foto © Sonja Rothweiler
 
Am Ende löst sich alles in (auch musikalische) Harmonie auf, und Arabella bekennt durchaus selbstkritisch: „Zdenkerl, du bist die Bessre von uns zweien: Du hast das liebevollere Herz.“ Übrigens ist die Kontrastierung der beiden ungleichen Schwestern vielleicht sogar interessanter als die Haupthandlung, und das Duett Zdenkas und Arabellas im ersten Akt gehört zu den rührendsten Momenten des Abends.
Fazit: Starke Charaktere, sichere Stimmen, sinnfällige Musik – und eine Regie, die eine eher handlungsarme Geschichte mit einem Augenzwinkern zum Vergnügen macht.
 
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de