... bis Z

Die Kolumne am Mittwoch

von Friederike Zelesko

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Die Kolumne am Mittwoch
von  Friederike Zelesko



We are secrets to each other / Each one's life a novel
No-one else has read. / Even joined in bonds of love,
We're linked to one another / By such slender threads.
(Neil Peart, Texter und Schlagzeuger der Rockband Rush)
 
Nach einer längeren Kälteperiode scheint die Sonne. Endlich ein warmer Frühlingstag. Sattgrün leuchtet der kleine Garten hinter dem Haus. Die Luft ist würzig und in der Vogeltränke badet schon täglich die Taube. Ein Kinderlachen kommt von weit her. Zwischen den Mauern der Häuser, in diesen versteckten Grünflächen die man von der Straße nicht einsehen kann, höre ich frühmorgens das Vogelkonzert, später das Schwirren der Insekten und - so bilde ich mir ein - das Gras flüstern.
            Wenn das Gras handhoch ist, wird es geschnitten. Es ist wie Haar, das ständig in Form bleiben muß. Ein Wildwuchs im Gartengesicht? Für die Gartenwinzlinge der Stadt undenkbar. Es ist Sonntag. Das Telefon auf der Konsole in meiner Wohnung wartet, daß ich es in die Hand nehme, eine Nummer wähle, mit Freunden spreche, mir so den Tag und das Alleinsein verkürze. Unterdessen die Gesprächsfetzen aus den Nachbargärten, Motorenlärm und andere Geräusche aus der Stadt. Von meinem Balkon aus beobachte ich den Einzug eines Kohlmeisenpaares in das Vogelhaus.
            Das Leben ist naturgemäß für zwei ausgerichtet. Bettbezüge verkaufen sich, wie so viele andere Dinge, im Doppelpack. Das Doppelbett, Kochrezepte für zwei, die roten samtenen Zweierkinositze und die preiswerteren Doppelzimmer der Hotels in den Reiseprospekten signalisieren mir ständig, daß ich nicht ungestraft allein leben kann.
            Erstmals schwarze Löcher im Doppelpack beobachtet, so lautet eine Überschrift im wissenschaftlichen Teil der Süddeutschen Zeitung, den ich regelmäßig lese.  Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben im Zentrum einer einzigen Galaxie gleich zwei schwarze Löcher entdeckt. Sogar im Weltall sucht man sich ein passendes Pendant. Ich lache, und es wundert mich nicht mehr, gleich auf der nächsten Seite lesen zu müssen: Genie im Doppelpack. Ein Jahr nach seinem Tod läßt Ray Charles wieder von sich hören. An der Seite von Stars wie Diana Ross, George Michael und Alicia Keys hatte der Soulvater Duette aufgenommen - und seine Vielseitigkeit bewiesen.
            Kann man seine Vielseitigkeit heutzutage nur im Doppelpack unter Beweis stellen?
Alleinsein müssen ist das Schwerste, Alleinsein können das Schönste.



© Friederike Zelesko - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2011