Signale des Frühlings

Victoria Granlund und Gustav Mahler beim 6. Philharmonischen Konzert der Bergischen Symphoniker

von Frank Becker

Signale des Frühlings
 
Victoria Granlund und Gustav Mahler
glänzten beim 6. Philharmonischen Konzert
der Bergischen Symphoniker
 
 
Remscheid. An den Beginn ihres 6. Saison-Konzerts hatten die Bergischen Symphoniker unter ihrem GMD Peter Kuhn einen besonderen Pfiff gestellt: denn bevor Victoria Granlund zu Mozarts Konzertarie KV 383 „Nehmt meinen Dank, ihr holden Gönner“ ansetzte, begrüßte ihr bestechend reiner Sopran das Publikum mit Alois Bröders XI. Signal „So tagliente e energico“ – einem beglückenden Signal „con voce“. Schöner kann ein Konzertabend nicht beginnen, nahtlos der Übergang zu Mozarts Arie, die so klar wie ein Bergbach sprudelte und bei der die Bielefelder Opernsolistin nicht nur mit sicherer Stimme überzeugte, sondern im schlichten schwarzen Kleid auch mit Haltung, sympathischem Auftreten und natürlicher Schönheit punktete.
 
Recht metallisch und zu Beginn keineswegs so zurückhaltend wie von Ludwig van Beethoven konzipiert erschien der Klang des Flügels unter den Händen von Karsten Scholz bei der Introduktion von Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58. Dennoch suchte der Pianist den Weg, sein technisch streng präzises Spiel im gefühlvollen Miteinander mit dem unter der Leitung von Peter Kuhn eine mächtige Basis gebenden Orchester zu vereinen – ohne die von Beethoven als Neuerung gewünschte Unabhängigkeit des Klaviers zu verlieren. So scheint das Instrument über weite Phasen des Allegro moderato seinen eigenen Weg zu suchen. Weicher im Ansatz das Andante con moto, dramatischer, lyrischer, narrativer als das Allegro zuvor. Beethoven hat den schönsten der drei Sätze zentral plaziert. Deutlich spürt man die Erneuerung der Musik, die mit diesem Konzert einher kommt, das Stück läuft hier wie im folgenden Rondo vivace auf einen grandiosen Abschluß zu. Am Rande: In der Entstehungszeit des Werks 1805/07 starben Schiller und Luigi Boccherini, schrieb Herder den „Cid“, Kleist seinen „Amphitryon“ und „Der zerbrochne Krug“ und Johann Philipp Palm wurde wegen seiner Flugblätter gegen Napoleon von dessen Vasallen erschossen.
 
Ein wahres Geschenk wurde Gustav Mahlers einzigartige 4. Sinfonie G-Dur, die Peter Kuhn sich

Victoria Granlund - Foto © Matthias Stutte - 01722569952
spürbar zur Herzensangelegenheit machte. Mit einem schwebenden Ruf vor flirrenden Glissandi hebt sie im Kopfsatz „Bedächtig, nicht eilen“ an. Gefällig, ja volkstümlich gibt sie sich schwärmend und parlierend, tänzerisch und fröhlich, besonders durch ein schönes Flöten-Solo. Da klingt dann sogar der als Totentanz zu verstehende zweite Satz „In gemächlicher Bewegung“ heiter, in dem der Konzertmeister neben vielen Solo-Stimmen u.a. der Oboe an zwei unterschiedlich gestimmten Violinen glänzt um auch die Tanzfiedel zu charakterisieren.
Schmelzend eröffnen Celli und Bratschen das poco adagio des dritten Satzes „Ruhevoll“, der sich voller bunter Melodien zur erst zauberhaft ätherischen, dann mit prachtvollen Tutti zur Delikatesse entwickelt, einem kunstvollen Klanggespinst von epischer Größe und Weite.

Der Kreis des Abends rundete sich mit dem Schlußsatz „Sehr begaglich“ und abermals Victoria Granlunds unspektakulärem und gerade deshalb so berührendem Sopran in ihrer Interpretation von Clemens Brentanos aus „Des Knaben Wunderhorn“ entliehenem Lied „Wir genießen die himmlischen Freuden“. In der Tat. „Nehmt meinen Dank“ war dieses Konzert der Bergischen Symphoniker übertitelt.
Nehmt auch den meinen.