Ideen statt Effekte

Raphael Gualazzi "Reality and Fantasy" und Franz White "colour me"

von Steffi Engler

Nix gegen Lena -
aber die Jungs hier gefallen mir besser:


 

         

 

Raphael Gualazzi - "Reality and Fantasy"
© + (P) 2011 SUGAR
Informationen unter:
 
Franz White - "colour me"
© + (P) 2011 Franz Weischet
Informationen unter:
www.franzwhite.de


Zurück zum Eigentlichen

Was ursprünglich an der schnuckeligen kleinen Lena Meyer-Landrut noch so originell wirkte, ihre scheinbar fröhliche, "unverdorbene" Ausstrahlung von jugendlicher Unbekümmertheit, ist unter dem Trommelfeuer der gnadenlosen Raab´schen Vermarktung längst zum aufgesetzten Klischee verkommen. Der Medienrummel und die Hysterie um die 19-jährige Abiturientin, die zu einem Kunstprodukt, einer bedauernswerten Coppelia geworden ist, wirken nur noch unappetitlich.

Wenden wir uns Interessanterem zu. Denn Raphael Gualazzi (er ist beim European Song Contest in Düsseldorf für Italien dabei) und Franz White (er ist diesmal leider noch nicht dabei) haben, was Können, Musikalität, Qualität und Ausstrahlung angeht, einiges mehr zu bieten. Was den Unterschied ausmacht, spürt man schon beim ersten Anhören - da wird mit Musik, Leidenschaft und Seele anstatt mit Glitzer-Show und süßem Frätzchen gearbeitet. Beide führen das Genre Chanson/Pop zurück zum Eigentlichen, zu den Ursprüngen des musikalischen Wettbewerbs, zu Musik und Songs mit Aussage. Das Motte könnte lauten: Ideen statt Effekte.

Raphael Gualazzi (29) hat sich in Italien mit seinem großen Erfolg beim San Remo Festival in diesem Jahr bereits einen guten Namen machen können. Damals gefiel der Jury  und dem Publikum genau das, was auch mich so unmittelbar anspricht: die gediegene Mischung auch Chanson, Jazz und Pop, das souveräne Tänzeln zwischen den Genres, sein brillantes Klavierspiel und vor allem der charaktervolle Vortrag, der in allerbester italienischer Tradition steht, wie sie von Domenico Modugno, Fred Buscaglione, Adriano Celentano und Paolo Conte begründet wurde. Dazu hört man förmlich seine starke Persönlichkeit in jedem seiner so unterschiedlichen, ehrlichen Titel. Daß Gualazzi von allem das Beste nimmt, versteht sich. Das italo-swingende Produkt von internationaler Qualität könnte ebenso auf unserer Jazz-Seite vorgestellt werden, aber es paßt auch hier. Ich jedenfalls drücke Raphael Gualazzi die Daumen dafür, daß er in Düsseldorf wie in San Remo abräumt.

Informationen unter: www.sugarmusic.com und www.raphaelgualazzi

Ein unverbrauchtes neues deutsches Talent stellt sich mit der CD "colour me" vor: Franz Weischet, der unter dem Künstlernamen Franz White damit sein Debüt-Album vorlegt. 11 Songs hat der Absolvent der Popakademie Mannheim als Grenzgänger zwischen Funk und Poesie komponiert und getextet und mit Hilfe einiger hervorragender Sidemen und Sidegirls (gibt´s das überhaupt?) realisiert. Obwohl gänzlich neu, entsteht beim Hören doch gleich das Gefühl von angenehmer Vertrautheit. Franz Weischets melancholisch spröde Stimme schmeichelt sich ein, gebettet auf sein Spiel auf Klavier und elektrischen/ akustischen Gitarren. Hört man gerne. Und nebenbei - sieht man auch gerne, denn der Knabe sieht ebenso wie sein italienischer Kollege richtig gut aus. Da ich oben über den Song Contest geplaudert habe, auch dazu noch ein Wort: der Titelsong "colour me" hätte ebenso wie "My Little Sunshine" durchaus die Qualität, dort mitmischen zu können. Schon mal vormerken:
Ab dem 27.5. wird das Album in allen Online-Stores wie Itunes als Download angeboten.

Informationen unter:  www.franzwhite.de