Das Geheimnis der Sprache

Gerd Ruebenstrunk – „Das Wörterbuch des Viktor Vau“

von Jürgen Kasten
Das Geheimnis der Sprache
 
Jemand, der sich mit den kruden Wortschöpfungen der Werbung auseinandersetzt, sie gar kreiert, muß sich bewußt sein, daß sie den Sprachgebrauch der Gesellschaft, zu mindestens aber die der Zielgruppe, beeinflussen. Kann man mittels der Sprache möglicherweise eine komplette Gesellschaft manipulieren? Das ist eine Frage, welche die Phantasie beflügelt und unweigerlich zur Fiction führt. In seinem Roman „Das Wörterbuch des Viktor Vau“ hat Gerd Ruebenstrunk die Frage zu Ende gedacht. Er wurde vom Werbetexter zum Wortschöpfer einer exakt begrifflichen Sprache, einer, die auf der ganzen Welt gesprochen und verstanden wird.
 
In diesem Fantasyroman ist es Professor Viktor Vau, dem dieses unmöglich scheinende Unterfangen gelungen ist. Vau arbeitet und forscht als unabhängiger Wissenschaftler in der Psychiatrie mit schizophrenen Patienten. Ruebenstrunk und damit sein Protagonist Viktor Vau gehen von der wissenschaftlich belegten These aus, daß in unserer rechten Gehirnhälfte Sprache und Logik dominieren und in der linken mehr die Intuition, mithin auch unsere Gefühle gesteuert werden. Bei den Schizophrenen interpretiert die linke Gehirnhälfte die Signale der rechten falsch und daher wähnen sie sich fremdbestimmt oder halten sich selber gar für eine andere Person. Professor Vau trichtert den Kranken deshalb seine neue Sprache ein, um damit zu beweisen, daß eine exakte Sprache jegliche Fehlinterpretation ausschließt und sogar Kranke heilen kann. Er übersieht, daß dabei auch jegliche Empathie ausgeschaltet wird. Für seine Forschung erntet er unter den Kollegen Spott, ansonsten interessiert sich kein Mensch dafür, glaubt er.
 
Das ändert sich, als aus dem Meer eine unbemannte Raumkapsel gefischt wird, die offensichtlich eine Botschaft enthält, welche jedoch niemand entschlüsseln kann. Überdies ist völlig unklar, woher diese Kapsel stammt. Da keinerlei Gebrauchsspuren vorhanden sind, scheint sie auch nie irgendwo abgeschossen worden zu sein.
Plötzlich geraten Viktor Vau und sein persönliches Umfeld in den Fokus gleich dreier Geheimdienste, die in den Besitz seines handgeschriebenen Wörterbuches gelangen wollen, des einzigen, das überhaupt existiert. Weiter andere trachten ihm sogar nach dem Leben. Das ergibt alles keinen Sinn, denkt Vau. Das Undenkbare kann sich einfach keiner der Jäger und auch der Gejagte vorstellen, und doch ist es Realität – zumindest im Roman. Ein Buch, das durch seine sprachliche Brillanz und durch wissenschaftlich fundierte Aussagen besticht. Zugleich ist Ruebenstrunk ein unglaublich spannendes Werk gelungen, eine Science-Fantasy, die ich staunend regelrecht verschlungen habe.
 
Den Verlags-Verantwortlichen wird es ebenso gegangen sein. Nicht umsonst hat man das Buch mit einer Startauflage von 50.000 Stück in den Handel gebracht.
Ich kann Ihnen ein außergewöhnliches Buch empfehlen, mindestens ebenso ausgefallen wie Gerd Ruebenstrunks Lebensweg. Mittlerweile lebt und arbeitet er in Duisburg. Zuvor versuchte er sich als Sprachlehrer, Kneipenwirt, Lektor und Discjockey. Lange arbeitete er als Texter (sic!) und Kreativdirektor für Agenturen und für das Fernsehen.
 
Gerd Ruebenstrunk – „Das Wörterbuch des Viktor Vau“
© 2011 Piper Verlag GmbH, München, Klappenbroschur, 414 Seiten
ISBN: 978-3-492-70224-9
€ 15,95 (D), € 16,40 (A), sFr. 24,50 (CH)
 
Weitere Informationen: www.piper-fantasy.de   und  www.ruebenstrunk.de