„Irgendwann“

von Karl Otto Mühl

Foto © Frank Becker
„Irgendwann“ …
 
… ist ein Wort, das man einfach mögen muß. Es eröffnet uns große Freiräume. Irgendwann werden wir einen Schrank aufräumen, ein Bild aufhängen, die Bücher ordnen. Kein Zerberus steht hinter uns, nein, eine freundliche Stimme flüstert: Irgendwann. Und so bleibt sogar Zeit für die Stammkneipe, wo uns würziges Bier gebracht wird, und warme Nudeln in Sahnesauce. Es läßt uns Zeit für das Leben, das wir mögen. Freilich, man hört, irgendwann soll es vorbei sein.
 
Aber seine Allmacht enthüllt „Irgendwann“ erst bei anderen Gelegenheiten. Nämlich dann, wenn wir oder ein geliebter Mensch von einer schweren Krankheit geheilt worden sind, und sei es nur vorübergehend. Wobei ja alles nur vorübergehend geschieht.
 
Aber ich will hier dieses schöne Thema nicht verwässern. Also - wir sind geheilt, wir treten, die Packtasche an der Hand, aufatmend aus der Pforte des Krankenhauses.
Und wir wissen: Wir dürfen weiterleben. Wir sind wieder unsterblich. Zwar sterben wir einmal, aber das ist erst irgendwann. Und vielleicht merken wir es gar nicht, so schnell könnte es gehen.
 
 
 
 
© 2011 Karl Otto Mühl