Ravelsbach

Ein Ausflug ins Weinviertel

von Friederike Zelesko

Spitzwegerich - Foto © Cornerstone / pixelio.de
Ravelsbach
 
Auf der Fahrt nach Ravelsbach, das nordwestlich von Wien liegt, sehen wir vom Auto aus fruchtbares Land. Nur Felder, Wälder, Wiesen und Weingärten. Es ist Ende Mai und die Wälder leuchten grün und weiß. Überall blühen jetzt die Akazienbäume, zwischen Laub- und Nadelhölzern. Abends, wenn die Sonne schon mild ist, riecht die ganze Landschaft unverwechselbar nach dem lieblichen Akazienduft, fast betäubend. Gelber Raps wechselt sich ab mit frischgrünen Weizen- oder Roggenfeldern, einem Erdbeer- oder Spargelfeld. Überall zerschneiden neugepflanzte, hüfthohe Büsche auf Feldrainen die Landschaft. Man weiß wieder, wie wichtig diese Windbrecher sind für die Erde. Sie dienen auch als Schutzräume für Feldhasen, Rebhühner und Fasane. Ein schillernder Fasan läuft auf und ab, bewacht seine brütende Henne.
Wir verlassen Oberravelsbach und fahren ins Land hinein. Es ist dünn besiedelt, kleine Ansammlungen von ineinander verschachtelten Dörfern. Ein Wegkreuz erinnert an einen Unfalltoten oder eine kleine Kapelle an die Genesung von einer schweren Krankheit. Hier auf dem Land ist man katholisch und gläubig. Kirchen oder Kapellen und der traditionelle Maibaum überragen die niedrigen, langgestreckten Vierkanthöfe, Ställe und Scheunen.
Der Manhartsberg ist ein langgestreckter Hügel, ungefähr fünfhundert Meter hoch, er teilt das Weinviertel und das Waldviertel von Niederösterreich in zwei Hälften. Während das Weinviertel mit seinen vielen Weingärten und Kellergassen der Weinlese im Herbst entgegen träumt, rottet sich das Waldviertel mit dunklen Nadelholzwäldern und herumliegenden Granit- und Gneisriesen zu einer Abwehr zusammen, die fast schon bedrohlich wirkt.
Das Wasser des Kamp leuchtet dunkelgrün in den Schluchten und heller in den breiteren Ausläufen, dort, wo es sich befreit hat von der Umklammerung der Steine und wieder ruhig fließt und atmet. Hier liegt Schönberg, ein kleiner Marktflecken mit einer Barockkirche, einem Supermarkt und einer Tankstelle. Ganz besonders malerisch sieht man den Ort von der Höhenstraße aus, die so plötzlich aus dem Wald schießt, daß einem der Atem stockt und man anhalten muß, um das ganze Panorama richtig zu genießen.
Es ist schon sommerlich warm, die Wiesen voller Leben. Margeriten, Glockenblumen, Steinnelken. Vieles ist erst im Werden. Wie die Witwenblume oder die Schafgarbe. Insekten und Schmetterlinge lassen sich auf den Blüten nieder. Es gibt massenhaft jungen Spitzwegerich, von dem wir einen Korb vollpflücken – zu Hause werden wir seine Heilkräfte zu einem dickflüssigen Sirup verkochen. Ein bewährtes Hustenmittel.
Wir erreichen Langenlois, einen der vielen Weinorte nördlich der Donau, bekannt für seinen ausgezeichneten Rebensaft. Hier ist der grüne Vetliner zu Hause. Hier und andernorts trinkt man die Landschaft bis zum letzten Tropfen. Sie macht uns heiter.



© 2011 Friederike Zelesko - Erstveröffentlichung in den Musenblättern
Redaktion: Frank Becker