Irgendwo, irgendwie, irgendwann…

"Kleiner Mann, was nun?" mit der Jungen Theater-Werkstatt des WTT

von Frank Becker
Irgendwo, irgendwie, irgendwann…
 
Die Junge Theater-Werkstatt des WTT mit Hans Falladas
„Kleiner Mann, was nun?“ auf der Suche nach dem Glück
 
Remscheid. Elina Raddy, Markus Stracke, Mehmet Aydin, Axel Happel, Naomi Schäffer, Carolin Günther, Lia Jannasch, Julian Saebel, Jennifer Scholten. Neun junge Leute, die sich am Samstagabend im WTT mit ihrer Aufführung von „Kleiner Mann, was nun?“ den aufrichtigen Respekt und verdienten langen Applaus des Publikums sowie das einhellige Lob der Kritik verdient haben. Die als kleine musikalische Revue mit Kai Balke am Klavier und Mara Lena Grenzebach am Akkordeon angelegte Inszenierung von Björn Lenz und Kristina Otten traf den Punkt, gab dem dramatischen Stoff und dem Schicksal des jungen Paares Johannes Pinneberg und Emma Mörschel, genannt „Lämmchen“ eine gewisse Leichtigkeit, nahm der bitteren Dramatik sanft die Spitze.

 
Die wirtschaftliche, räumliche und soziale Enge und die berufliche Aussichtslosigkeit in der Zeit der seit 1929 anhaltenden Weltwirtschaftskrise sind der Hintergrund der Geschichte, in der das junge blauäugige Paar aller Not und Anfeindung zum Trotz seine Integrität bewahrt. „Immer ehrlich sein“ haben sie zu ihrem Grundsatz erhoben, dem sie sich treu bleibend durch berufliche Mißerfolge,  private Krisen, kollegiale Intrigen und vermeintliche Untreue folgen. Hans Fallada (d.i. Rudolf Ditzen) hat das Personal darum herum in plakativen Klischees angelegt. Die jungen Schauspieler und Schauspielerinnen um Elina Raddy als „Lämmchen“ und Markus Stracke als „Junge“ schlüpfen nahtlos und glaubhaft in alle diese Figuren, erfüllen sie mit Leben – engagiert, begabt, textsicher und mit ganzem Einsatz.  
 
Dem Ensemble sind im schnellen Rollenwechsel und mit marginaler Ausstattung und Kostümen dabei bemerkenswerte Bilder gelungen, nehmen wir als Beispiel nur die herrlich burleske Szene im Bekleidungshaus Mandel, das bewegende Solo der vom Leben enttäuschten Kleinholz-Tochter, die mit Trude Herr einen Mann und keine Schokolade will, dem von Lämmchen im Schwangerschafts-Heißhunger aufgegessenen Lachs oder den Kinobesuch mit dem glänzend besetzten Jachmann. Elina Raddy gibt liebenswert auf stille spitzbübische Art und unwiderstehlich charmant-optimistisch das „Lämmchen“, Markus Stracke als ihr „Junge“ den im Ringen um Aufrichtigkeit nie ganz erwachsen werdenden begeisterungsfähigen Lausbub, der nie aufgibt.
 
Als roter Faden oder wenn man so will als die Hoffnung, an die sich nicht nur Johannes Pinneberg und Emma Mörschel klammern können, zieht sich Werner Richard Heymanns „Irgendwo auf der Welt (gibt´s ein kleines bißchen Glück)“ aus dem Film „Die Drei von der Tankstelle“ durch die Inszenierung. Die Schlußzeile daraus: „Irgendwo, irgendwie, irgendwann…“ gibt allen die Kraft, weiter zu hoffen. Ein gelungener Theaterabend.


Das Ensemble - Foto © Frank Becker