Theatermacher glauben an Zukunft der städtischen Bühnen

Podiumsdiskussion im Rahmen des NRW-Theatertreffens

von Andreas Rehnolt

Theatermacher glauben an Zukunft der städtischen Bühnen

Podiumsdiskussion im Rahmen des NRW-Theatertreffens zum Thema
"Das Theater und seine Identität in den Städten von morgen"
 
Wuppertal - Die Intendantin der Kunstfestspiele Herrenhausen bei Hannover, Elisabeth Schweeger, glaubt trotz ökonomischer Zwänge auf kommunaler Ebene fest an eine Zukunft der städtischen Bühnen. Die frühere Intendantin des Frankfurter Schauspielhauses sagte am Donnerstag in Wuppertal, die Theater hätten es derzeit zwar schwer, seien aber immer noch ein Ort, an dem Akteure und Besucher "körperlich präsent" seien. Diesen Live-Faktor dürfe man nicht zu gering achten, erklärte Schweeger bei einer Podiumsdiskussion zur Identität des Theaters in den Städten von morgen, die im Rahmen des noch bis zum kommenden Sonntag laufenden NRW-Theatertreffens in der bergischen Metropole stattfand.
 
Schweeger räumte ein, auch ihre Arbeit bei den Kunstfestspielen sei "der übliche Eiertanz, über die Stadt, ihre Bewohner und aktuelle Schwingungen einzugehen und dabei den künstlerischen Anspruch hoch zu halten." Sie empfahl allen Theatern, diese verschiedenen Komponenten gut zusammenzubringen und "eine Mischung aus Wissenschaft, Kunst und kultureller Labsal" zu präsentieren. Der Chefdramaturg des in seiner Existenz stark gefährdeten Oberhausener Theaters, Tilman Raabke, plädierte dafür, als kommunale Bühne vor allem "Kunst zu machen."
 
Raabke wies auf mehrere Projekte des Theaters in den vergangenen zwei Spielzeiten hin, mit denen sich die Bühne in die Stadt begeben hatte. Eines dieser Projekte hatte sich mit dem Thema Auswandern beschäftigt und die Frage aufgeworfen, wie Menschen in Oberhausen aufbrechen könnten, um in einem anderen Land eine möglicherweise bessere Zukunft zu finden. In der nächsten Spielzeit will das Theater ein Projekt starten, in dem es darum geht, in der finanziell hoch verschuldeten Kommune eine neue Währung einzuführen.
 
Der Intendant der ebenfalls stark in ihrer Existenz gefährdeten Wuppertaler Bühnen, Christian von Treskow nannte die Öffnung des Theaters in Richtung Stadt ein wichtiges Moment, um in der Kommune die Legitimation für die weitere Arbeit zu stärken. So habe es in der jüngsten Vergangenheit Projekt-Produktionen etwa mit Migranten und jungen Menschen gegeben. Wichtig sei aber auch für die zukünftige Arbeit von Theatern vor Ort, daß es immer eine ästhetische Entscheidung dafür sein müsse, "das zu tun, was wir am besten können."
 
Schweeger kritisierte zum Ende der gut 90minütigen Diskussionsrunde im Wuppertaler Opernhaus, daß das kulturelle Programm in den allermeisten Städten "oft nur noch als Marketing-Instrument genutzt" werde. Theatermacher müßten deshalb künftig stärker darauf hinweisen, das die Arbeit der Bühnen ein wichtiges Instrument "zur Überlebensfähigkeit" der Menschen und als "geistige Nahrung unersetzlich" sei. Dabei dürften die Theater nie aus dem Blick verlieren, daß sie ein Programm für ein Publikum und eine Stadt machen und immer auch auf den jeweiligen Ort eingehen müssen.
 
Der Dramaturg und Regisseur Frank Raddatz wies bei der Veranstaltung darauf hin, daß die Freie Theaterszene den städtischen Bühnen in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe wichtiger Impulse geliefert hätte. Nach den Worten von Raddatz gibt es derzeit bei den Theatern in Deutschland "einen Trend zum Authentischen" und bei den Besuchern ein "Bedürfnis nach Realität".