Zeitreise

Popol Vuh - Revisited & Remixed (1970-1999)

von Frank Becker
Zeitreise

Popol Vuh mit den großen Erfolgen

Als mir 1971 mein Schallplattenhändler mit gezieltem Griff ins Langspielplatten-Regal und den Worten "Müssen Sie hören!" eine neue LP der gerade angesagten Elektronik-Band Popol Vuh präsentierte, war ich nicht sogleich bereit. Die ein Jahr zuvor erschienene "Affenstunde" hatte mich nicht überzeugt. Es war die Krautrock-Zeit, in der Gruppen wie Can, Tangerine Dream und Amon Düül II reüssierten, jeder Pot rauchte oder sich wenigstens mit billigem Wein, Pernod oder gar mit kleinen bunten Pillen die Birne weghaute. Der künstliche Rausch war angesagt. Wollte ich nicht. Dann setzte ich mir doch die Kopfhörer auf und hörte hinein. Und das nehmen Sie bitte wörtlich: hinein. Denn "In den Gärten Pharaos" war ohne die Krücken von Pharmazie und Destillation ein unmittelbarer Zugang zur Versenkung, Labsal und Kontemplation. Natürlich habe ich die Platte gekauft. Viele Male habe ich sie zu Hause mit großem Nutzen gehört, mit Hilfe der Musik, deren Wirkung hauptsächlich auf dem weichen Floating des von Florian Fricke (1944-2001) benutzten Moog Synthesizers und den mystischen Rhythmen der von Holger Trülzsch eingesetzten Percussion beruhte, Momente der völligen Ruhe gefunden. Das ist ein Verdienst, den ich Popol Vuh hoch anrechne.

Später wurde der Sound dieser besonderen Formation breiteren Konsumentenschichten durch ihren Einsatz als Filmmusik für Produktionen von Werner Herzog zugänglich, u.a. Aguirre (1975), Nosferatu (1978), Fitzcarraldo (1982) und Cobra Verde (1987). Mit dem frühen Tod
2001 von Florian Fricke, Gründer und Herz von Popol Vuh, endete die wechselhafte Geschichte der Band. Ab 2004 wurden verschiedene Popol Vuh-Alben teils mit mit Bonus-Tracks oder in Compilations als CD wieder aufgelegt, so auch "In den Gärten Pharaos". Ein opulent aufgemachtes Doppelalbum von SPV bietet jetzt auf einer Scheibe einen Querschnitt durch das Schaffen von Florian Fricke und Popol Vuh von 1970 bis 1999 - und als Tribut an die Remix-Generation auf der zweiten Scheibe zum Teil recht spannender Bearbeitungen einer mit Disc 1 nicht identischen Auswahl aus Popol Vuh-Stücken. Nicht immer gelingt den Re-Mixern so wie Peter Kruder & Richard Dorfmeister der Anschluß ans Original, doch bleibt verdienstvoll, daß man sich so intensiv mit der elektronischen Musik dieser Zeit auseinandersetzt, sie bewahrt und übersetzt. Ein gelungener Versuch und ein Weg vielleicht, die Elektronik der 70er neu zu erfahren und darüber zurück zur Botschaft jener Zeit zu finden.

Ein Booklet ist dem Doppelalbum beigelegt, das neben einer Discographie von Popol Vuh und einigen Cover-Abbildungen auch diverse Fotos und begleitende Texte enthält. Warum allerdings alle diese Texte deutscher Verfasser über eine deutsche Elektronik-Band, die in Deutschland ihre Wurzeln hatte und überwiegend
hier ihre Erfolge verzeichnete, ausschließlich in englischer Sprache verfaßt sind, ist mir ein Rätsel. Auch tragen die ein wenig eitel wirkenden Texte nicht wirklich dazu bei, Florian Fricke und Popol Vuh kennenzulernen.  

POPOL VUH - Revisited & Remixed (1970 - 1999)
CD 1 - Planet Side (Revisited) - 12 Stücke aus Aguirre, Affenstunde, Cobra Verde, Nosferatu, In den Gärten Pharaos u.a.:
"Aguirre I Lacrima di Rei" Aguirre (Soundtrack) (1974)
"Affenstunde" Affenstunde (1970)
"In den Gärten Pharaos" In den Gärten Pharaos (1972)
"Ich Mache Einen Spiegel" Affenstunde (1970)
"Nachts - Schnee" Cobra Verde (Soundtrack) (1987)
"Eine Andere Welt" Cobra Verde (Soundtrack) (1987)
"In Your Eyes" For You and Me (1991)
"Train Through Time" Affenstunde (Bonustrack) (1999)
"Nascita" Messa di Orfeo (1998)
"Brüder Des Schattens" Nosferatu (Soundtrack) (1987)
"Through Pain to Heaven" Nosferatu (Soundtrack) (1978)
"Kailash: Last Village" Bonustrack (prev unreleased) (1998)
Zeit: 1:13:55
CD 2 - Cosmic Side (Remixed)  -  10 Stücke diverser Alben von Popol Vuh 
"Aguirre I / II (Lacrima Di Rei Edit)" Peter Kruder Remix (Kruder & Dorfmeister)
"Schnee (Flow Edit)" Thomas Fehlmann Flow Mix (The Orb)
"Heart of Glass (Sei Still Wisse Ich Bin Edit)" A Critical Mass Remix (Schwarz/Dixon/Amé)
"Haram Dei Haram Dei (ProgRock Edit) " Alex Barck Remix

Ein Original (1971)

"Through Pain to Heaven / Kyrie (Edit)" Roland Appel Remix
"Nachts Schnee (Ambient Edit)" Mika Vainio Remix (Pan Sonic)
"Gärten Pharaos (Dark Development Edit)" Moritz von Oswald Remix
"Through Pain to Heaven (Dopeful Vuh)" Mouse On Mars Remix
"Hosianna Mantra (Lyrics Edit)" Stereolab Remix
"Aguirre I / II (Endless Edit)" Haswell & Hecker Remix
"Train Through Time (Long Edit)" Popol Vuh
Zeit: 1:18:28

Gesamtzeit:  2:32:23

Weitere Informationen unter  www.spv.de und www.uk-promotion.de