Vorsicht: Wanne!

von Hanns Dieter Hüsch

© André Poloczek - Archiv Musenblätter
Vorsicht: Wanne!

Sagen Sie mal: Sind Sie auch schon mal in der Badewanne ausgerutscht? Ich weiß, das ist eine dumme Frage. Sie brauchen auch gar nicht darauf zu antworten. Denn alles, was Sie jetzt sagen, kann später gegen Sie verwendet werden. Und das wollen wir doch nicht! Und einen Anwalt brauchen wir auch nicht. Ich höre ja schon auf mit meinem Blödsinn und kehre zur Badewanne zurück, wo ich heute Morgen beim Aussteigen - nicht beim Einsteigen, sondern immer beim Aussteigen - wieder meine Schwierigkeiten hatte. Wannen sind nämlich sehr eigen. Ganz früher, bei den alten Römern, hieß es ja auch Wanne-Eigen! Und erst sehr viel später dann: Wanne-Eickel! Sie sehen, auch in der Römischen Geschichte gibt es Kalauer. Aber so eine Wanne ist wirklich eigen. Manche sind aus Porzellan, manche aus Emaille, manche aus Marmor! Ich meine, ich kann mir meine Wanne nicht aussuchen, ich muß die Wanne nehmen, wie sie fällt! Wie? Ich falle! Aber ich falle ja gar nicht! Ich rutsche! Und das liegt ganz eindeutig an der Qualität der Wanne! Nicht an meiner! Sondern an der Qualität der Wanne - des Wannenbodens! Kennen Sie das auch? Daß, wenn man manchmal die Füße hochheben will, man sie nicht hochkriegt, weil sie fast auf dem Wannenboden festgeklebt sind, und zwar so, daß, wenn man jetzt die Füße richtig schnell hochreißen würde, ganze Hautfladen am Boden der Wanne hängenblieben. Das kann nur eine ganz miese Wanne sein. Genauso wie es auch ganz miese Kleiderbügel gibt, die keinen richtigen Aufhänger haben, sondern in eine andere Hakeneinrichtung hineingehängt werden müssen, weil der Hotelbesitzer mir unterstellt, ich würde ihm immer seine Kleiderbügel klauen. Kann ich doch gar nicht! Wenn ich beim Aussteigen aus der Wanne ausrutsche und schlage mit dem rechten Ohr - vielmehr mit dem Kopf hinter dem rechten Ohr - gegen die Heizung, daß ich erst mal liegenbleibe! Das war vor ein paar Jahren! Inzwischen bin ich wieder auf und bin beim Aussteigen aus einer Badewanne jedesmal doppelt vorsichtig, obwohl gegen das Rutschen kein Kraut gewachsen ist. Man muß sich nur festhalten, sage ich schon seit Jahren. Wie am Nanga Parbat! Mit beiden Händen gut festhalten! Ich glaube inzwischen, daß jeder Mensch früher oder später beim Aussteigen aus einer Badewanne ausrutscht. Viele wissen das sicher gar nicht mehr, und vielen steht es noch bevor! Das gehört einfach zum Menschsein dazu! Am liebsten sind mir Duschen zu ebener Erde, die nur in der Mitte so ein bißchen abfallen, damit das Wasser ablaufen kann. Dann kann gar nichts passieren! Andererseits hat das Aussteigen aus einer richtigen Badewanne ja etwas Spannendes. Klappt’s? Oder klappt’s nicht? Das ist wie beim dreifachen Salto im Zirkus - ohne Netz!



© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung