"Natur und Sinnlichkeit" in der Galerie Epikur

Mario Dilitz, Virginia Glasmacher und Stefan Kurt stellen aus

von Nina Hartgenbusch/Red.

 Natur und Sinnlichkeit

Mario Dilitz, Skulptur
Virginia Glasmacher, Malerei
Stefan Kurt, Fotografie


Eröffnung der Ausstellung am Freitag, dem 8. Juli 2011

Mario Dilitz

Die aktuellen Figuren von Mario Dilitz stehen fest im Raum. Mit beiden Füßen haben sie Kontakt zu ihrem Untergrund, zum Sockel, der sie empor hebt und welcher auch zeigt, woraus sie einst

 
Mario Dilitz, o. Titel, 2008, Lindenholz, 132 cm
entstanden sind: aus einem rechteckigen Holzblock. Je näher man diesen Skulpturen kommt, desto besser kann man die Struktur des Materials Holz wahrnehmen und desto tiefer dringt man auch ein in diese Aura aus körperlicher Präsenz und der daraus resultierenden Energie. Es liegt eine Sicherheit in diesen Figuren, sowohl in ihrem Standmotiv, als auch in ihrem künstlerischen Ausdruck. Roher behauen sind die Bereiche der Skulpturen, die nicht menschliche Haut darstellen. Diese Stellen zeugen davon, was dem Künstler am wichtigsten ist: der Mensch und vor allem die Haut. Haut hat für den Künstler etwas Sinnliches. An ihr kann er sein ganzes Können im Umgang mit der Abbildung des Menschen zum Ausdruck bringen. Jedes anatomische Detail scheint durch die Haut hindurch. Dicht unter der Haut liegende Sehnen, Muskeln und Knochen lassen ein feines und weich fließendes Relief auf der Oberfläche, feinfühlige Wölbungen und Rundungen, entstehen. Aus der plastischen Gestalt entwickelt sich eine nonverbale Sprache. Für den Künstler ist es wichtig, dass jeder Körperteil spricht, nicht nur die Gesichtsmimik. Darum hat er den Akt gewählt, damit nichts den Leib und damit den Ausdruck verhüllt. Die Sinnlichkeit des Körpers bezeichnet einerseits die ästhetische Anmut der Ausstrahlung und die Zuneigung und Hingabe, die der Künstler in seine Figuren gelegt hat, andererseits die sinnliche Erfassung im Sinne der Wahrnehmung von Sinnesempfindungen, welche die Figuren in ihrem Körper offenbaren. Die psychologische Dimension offenbart in der Körperhaltung eine geistige Verfassung; der Künstler hat seinen Figuren einen menschlichen Gedanken verliehen und als Betrachter wird man Zeuge, wie sich die seelische Bewegung des Körpers bemächtigt. Der Künstler hat das Gefühl, aus dem heraus sie entstehen, in die Zartheit der Haut gelegt, in die Stärke der Körperlichkeit und daraus resultiert die Präsenz im Raum.

Virginia Glasmacher

Die Bilder von Virginia Glasmacher entstehen in mehreren Schichten. Über einer lasierenden Grundschicht, die erste Räumlichkeit entstehen lässt, verstärken vordergründige Elemente in


 Virginia Glasmacher, Farbschichtung III, 2010, 115 x 100 cm
Spachteltechnik pastos diesen Eindruck. Damit wird die materielle Qualität der Farbe nicht verleugnet, sondern sie wird als das vorgeführt, was sie ist: auf den Malgrund aufgebrachtes Kolorit. Zudem lässt sich gerade in den dicker aufliegenden Strukturen die Hand der Künstlerin als Spur des Entstehungsprozesses nachverfolgen. Die feinsinnig komponierten Farbschichten überlagern sich teils transparent, an anderer Stelle liegen sie opak aufeinander. Es entstehen Farbverläufe und das Kolorit verschwimmt. Die Künstlerin hat dabei ihre ganz eigene Handschrift gefunden, um eine starke Spannung zwischen den flächigen, atmosphärischen Farbräumen entstehen zu lassen. Und tatsächlich tut sich in diesen zweidimensionalen Bildwerken eine unendliche Weite und Tiefe auf. Der Ausgangspunkt der Arbeiten von Virginia Glasmacher ist ein Grunderlebnis von Natur. In ihr findet sie ihre optischen Inspirationsquellen für die Arbeiten, deren Spannungssituation aus dem visuellen Umfeld der Künstlerin heraus gegriffen wird. Die visuellen Reize transformiert sie in ihrer Imagination, entwickelt die malerischen Ausdrucksmittel weiter und gelangt schließlich zu deren Verselbstständigung auf der Leinwand. Der Betrachter ist nun in der Lage, beim Anblick des fertigen Werks ähnliche Spannungen wahrzunehmen wie die Künstlerin. Die variationsreichen Strukturen in der Farbe machen es möglich, im Abstrakten das Erleben dieser Energien nachzuvollziehen. Gerade die Loslösung von konkreter Darstellung erlaubt es, die Farben aus sich selbst heraus wirken zu lassen und zu großer Ausdruckskraft zu steigern. Der Betrachter erhält schließlich nur noch eine Ahnung des ursprünglichen Ausgangspunktes dieser Bilder und erlebt den Selbstbezug der malerischen Mittel als ein Spiel von Farben und abstrakten Räumen.

Stefan Kurt

Ruhig, unaufgeregt, fast schon meditativ und voller Stille, so sind die Arbeiten von Stefan Kurt. Für den viel beschäftigten Film- und Theaterschauspieler, dem der Durchbruch mit der Hauptrolle in

 
Stefan Kurt, o. Titel Nr. 31, 2009, Lambda-Print, 174 x 122 cm
Dieter Wedels „Der Schattenmann“ gelang, bildet die Arbeit an seinen fotografischen Strukturen scheinbar einen Gegenpol zu der sehr einnehmenden und engagierten Tätigkeit als Schauspieler. Wie der Betrachter scheint auch Stefan Kurt in diesen Bildern seine Erholung und Kontemplation zu finden. Sie nehmen die Hektik aus dem alltäglichen Leben und ermöglichen eine Rückbesinnung auf sich selbst. Die Kunst von Stefan Kurt hat ihren Ursprung in Fotos, die er an seinen Drehorten, auf Reisen und auf privaten Streifzügen durch die Natur macht und es ihm nun ermöglichen, auf ein umfangreiches Archiv zurück zu greifen. Das Suchen eines Motivs, das ihn fasziniert, ist der erste Schritt, bevor sich die Neuschöpfung entwickelt. In der Bearbeitung entsteht etwas völlig Neues, bisweilen abstrakt Anmutendes. Die Motive erlangen neue Farbigkeit, sie werden zerpflückt, höchst dekorativ kombiniert und collageartig wieder zusammengesetzt. Stefan Kurt spürt Strukturen nach, unterschiedlichen Stofflichkeiten wie weich fließendem Wasser, zarten Blüten oder sich kräuselnden Blättern. Offenbar lässt er sich durch Farben und Formen gleichermaßen leiten. Eine Mischung von Lokalfarben der Motive und neuen, ungewohnten Farbinterpretationen eröffnet differente Facetten im Bildaufbau. Eine eigentümliche Tiefenwirkung entsteht durch das Übereinanderlegen von Fotos, das die verschiedenen floralen Details, Naturauszüge und ursprünglichen Bildgründe miteinander verwebt. Dabei kommt es zu räumlichen Überlagerungen, aber auch Verschränkungen von Räumlichkeit. Das Gefüge der natürlichen Formationen wird durch die Bearbeitung jedoch nicht zerstört. Im Gegenteil wird durch das Mischen ein Sehen der natürlichen Schönheit mit neuen Augen hervorgerufen.


Einführung: Nina Hartgenbusch M.A.  -  Ausstellungsdauer bis 6. August 2011
Es erscheint ein Katalog