Glad to hear you

jazz_lokal - „savoir vivre“

von Frank Becker
jazz_lokal - „savoir vivre“
Neuer Sound mit bewährten Mitteln
 
Sounds kommen und gehen. Jazzfreunde wissen um die Schwierigkeit, auf dem Markt der Töne etwas wirklich Neues zu entdecken. Umso aufmerksamer hört man hin, wenn sich dann Klänge ins Ohr schleichen, die genau das in sich vereinen, worauf man schon so lange gewartet hat: Klassischer Background, bewährte Stilmittel in frischen Kompositionen mit neuen Elementen aufgepeppt und piekfeines Handwerk. Wir sprechen von einer All-Star-Band, deren Protagonisten samt und sonders längst ihre Meriten im Jazz-Geschäft haben. Von einem Quartett mit herausragenden Qualitäten ist die Rede, das sich bescheiden auf seine Heimat-Region, das Bergische Land beruft, in dessen Reihen aber jeder einzelne ein Solitär der Jazz-Szene weit über die Region hinaus ist.
 
Mit Wuppertal, dem Lebens- und Arbeitsmittelpunkt von Bert Fastenrath (git), Martin Zobel (tp, flh), Andy Gillmann (dr) und Carsten Stüwe (org, b) verbindet sich seit weit mehr als einem halben Jahrhundert allerbeste Jazz-Tradition und -Innovation. Denken wir nur an die großen Namen Ernst Höllerhagen, Wolfgang Sauer, Peter Kowald, Peter Brötzmann, Wolfgang Schmidtke, René Pretschner, Jan Kazda und viele andere mehr, die von der „Fabrikstadt an der Wupper“ (Paul Zech) aus die deutschen und internationalen Jazz-Annalen mitgeschrieben haben. Die Bescheidenheit des Quartetts setzt sich im selbst gegebenen Namen fort, denn „jazz_lokal“ scheint nicht die Grenzen sprengen zu wollen. Sie tun es aber vom ersten Akkord ihres grandiosen Albums an mit Verve und Wärme, mit Ideenreichtum, enormer Sensibilität, Spielfreude und tief unter die Haut gehendem Gefühl. Das hat internationales Format. „Savoir vivre“ – die Kunst der feinen Lebensart. Der Titel des Albums ist Programm.
 
Da ist Martin Zobel, nach meiner Meinung einer der besten deutschen Flügelhorn-Virtuosen, der im Opener „Lost“ (Gillmann) vor dem sanften Background von Bert Fastenraths Gitarre, Andy Gillmanns dezentem Einsatz des Schlagzeugs und Carsten Stüwes genial fast wie in den 60ern klingender Orgel eine gelungene musikalische Gratwanderung zwischen der Lyrik Chet Bakers und der Dramatik von Miles Davis´ „Sketches of Spain“ unternimmt. Solo werden sie alle nach und nach hinreißend gefeatured. Carsten Stüwe läßt, wie oben schon erwähnt, die in den 60er Jahren durch Jimmy McGriff und Jimmy Smith im Jazz sehr populär gewordene Orgel wieder ihre angestammte Rolle übernehmen – eine kostbare Zeitreise. Andy Gillmann, der jüngst vom Fachmagazin „drum-heads“ portraitiert wurde, brilliert am Drumset, dessen rhythmische Möglichkeiten durch ihn und mal seinen Beat, mal das weiche Spiel mit den Besen unerschöpflich zu sein scheinen. Bert Fastenrath, in der Presse mit allem Recht oft genug stilistisch in die Nähe von Wes Montgomery und Lee Ritenour gerückt, zaubert butterweich auf seiner Signature Gibson Pat Martino, die er hinreißend plaudern und swingen läßt.
 
Es sei, sagt Label-Chef Thilo Berg, „Musik die man zu jeder Gelegenheit hören könne, die eine breite Hörerschicht mit Niveau und Anspruch ansprechen wird und dabei kein Fahrstuhl-Jazz‛ ist.“ Das trifft den Punkt. Alle zwölf Titel sind von hoher Ästhetik in Spiel und Arrangement und lösen den selbst gestellten Qualitäts-Anspruch glänzend ein. Bis auf John Lennons „Imagine“ wurden alle Stücke von der Band geschrieben - „glad to see you“ hat Andy Gillmann einen genannt. „Glad to hear you“ kann man mit einer dankbaren Verneigung zurückgeben. Savoir vivre? É voilá!

CD-Release Konzerte am Donnerstag, 29.09., 20.00 Uhr und Freitag, 30.09.2011, 20.30 h im "Friday Night Jazz Club" in der Bandfabrik - Schwelmer Str. 133 - 42389 Wuppertal - Telefon 0202- 69851933 - www.bandfabrik-wuppertal.de
 
Weitere Informationen: www.monsrecords.de  und  www.jazz-lokal.de