Ein Abend mit Atmosphäre

EARS - Die Eisenach-Remscheid-Jazzconnection im Rotationscafé

von Frank Becker

Foto © Frank Becker

Jazz der Extraklasse
 
EARS - Die Eisenach-Remscheid-Jazzconnection
im Rotationscafé

Remscheid. Der Pianist Peter Ortmann (u.a. Projektleiter des Bundesjazzorchesters beim Deutschen Musikrat) kann mit Fug und Recht als einer der „Elder Statesmen“ des Jazz auch über die Bergische Region hinaus bezeichnet werden. Seiner Initiative ist zu verdanken, daß der Jazz in Remscheid seinen heutigen Stellenwert hat. Als jüngstes Projekt gründete er 2010 gemeinsam mit dem Eisenacher Altsaxophonisten Stanley Blume („Thüringer Jazzmeile Bigband“mit Bill Dobbins, Kenny Wheeler und Lee Konitz) die „Jazzconnection Eisenach-Remscheid“ (EARS), eine Partnerschaft zwischen dem Eisenacher Jazzclub „Posaune“ und der Remscheider Jazzszene. Am Freitag luden Blume (as) und Ortmann (p) und ihr Quintett mit den ebenfalls schon durch viele nationale und

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internationale Auftritte bekannten Charlotte Ortmann (fl, ss), Dominic Brosowski (dr) und Caspar van Meel (b) zum ersten Mal ins Lenneper Rotationscafé zu einem Konzert ein.
 
Ein Abend mit Atmosphäre
 
Es wurde ein Abend der Extraklasse. Wenn auch die Leidenschaft des Quintetts deutlich und gelungen dem Bebop und dem Modern Jazz gehört, muß man sagen: die Mischung macht´s. Nach dem Nat Adderley-Titel „Sweet Emma“, mit dem sich die Band vorstellte, brachten die Fünf mit ihrer Version von Theo Mackebens „Bei dir war es immer so schön“ Schmalz zum Swingen - und P.O. zeigte in einem schönen Solo, was man aus einem nur marginal verstimmten uralten Pianoforte herauszaubern kann. Unüberhörbar „griffig“ zeigte er in den Phrasierungen seine Nähe zum großen Oscar Peterson, der wie Art Tatum starken Einfluß auf Ortmanns Spiel hat, ebenso hörbar der Einfluß von Charlie Parker auf Stanley Blume, der das u.a. in Friedrich Hollaenders „You leave me breathless“ ebenfalls mit wunderschönen Phrasierungen hören ließ.
 
Drei Freunde müßt ihr sein
 
Ein seit Jugendtagen eingeschworenes Trio innerhalb der Formation sind Charlotte Ortmann, Dominic Brosowski und Caspar van Meel, die bereits beim „Bergischen Jazz-Löwen“ 2004

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gemeinsam Erfolge hatten. Sie bekamen ihren Trio-Auftritt mit Dave Brubecks „In your own sweet way“ – und genauso spielten sie es. Charlotte Ortmanns atemberaubende Technik paart sich mit hoher Improvisationskunst – nicht ohne Grund denkt man bei ihrem Spiel an Namen wie Frank Wess und Herbie Mann. Der ansonsten einfühlsame und sensible Techniker Brosowski, dessen Qualitäten im Solo und als Sideman überzeugen, hätte sich am Drumset hier aber ein wenig zurücknehmen können, ebenso wie Caspar van Meel, der seinem Kontrabaß Spannung, durchaus aber auch Lyrik abzufordern weiß.Demnächst wird es bei dem erlesenen Jazz-Label HGBS (früher MPS/Saba) eine CD der Drei geben: Right On!“.
 
Filigrane Akzente, ungeheure Dynamik
 
Das Programm mit Titeln von u.a. Mongo Santamaria, Horace Silver, Paquito d´Rivera, Franz Lehar und Don Pullen war Stück für Stück ein Hochgenuss: Frohsinn mit ansteckendem Tempo und Drive in „Saturday night in the cosmos“, mit filigranen Akzenten in einem Piano-Solo-Medley Ortmanns aus Standards des American Songbook oder eben gediegenem Bebop von Flöte und Altsaxophon in „Spring Song“. In Dizzy Gillespies „Ow“, in dem P.O. abermals mit ungeheurer Dynamik faszinierte und in „Samba for Carmen“ kamen noch einmal alle im Solo zum Zug
Ortmanns scherzhafte Bemerkung „Ab jetzt spielen wir nur noch hier“ muß man nicht unbedingt für bare Münze nehmen, doch verstehen könnte man es angesichts der authentischen Club-Atmosphäre des Rotationscafés schon.

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Mit seinen Sonntags-Jazz-Matineen, dem kürzlich überwältigenden Erfolg der Formation „jazz_lokal“ und dem grandiosen EARS-Abend scheint sich das Lenneper Rotationstheater zu einem lebendigen Zentrum des Jazz in Remscheid zu etablieren – die Szene sollte ein Auge (oder muß man sagen: Ohr?) darauf haben.