Faszination einer Stimme

Malia - "Black Orchid"

von Frank Becker
That´s All I Want From You
 
Die schwarze Orchidee (Maxillaria schunkeana, Prosthechea cochleata, Masdevallia rolfeana) ist eine sagenumwobene Schönheit. Eugène D´Albert hat eine Erzählung um sie geschrieben, Paul Zech ein indianisches Märchen zu dem floralen Kleinod übertragen, Rex Stout und Marilyn Wallace haben die geheimnisvolle Blume für einen Krimi-Titel benutzt. Charles Saunders und Martin Ritt haben Filme mit dem mysteriösen Titel „Black Orchid“ gedreht und sogar die Comic-Literatur kennt „Black Orchid“ im Zusammenhang mit drei DC-Superheldinnen. Auch der Jazz hat sich von der schwarzen Orchidee inspirieren lassen, ich nenne nur Cal Tjader mit seinem Latin-Klassiker, Billy Cobham und Anathema mit ihrem mystischen Sound dazu. Da sind wir schon auf der richtigen musikalischen Spur, denn genug von den populären Hintergründen, wenden wir uns dier „Schwarzen Orchidee“ namens Malia zu.
 
Das Album der anglo-afrikanischen Sängerin, das soeben bei Universal erschienen ist, rechtfertigt Elogen, präsentiert es doch 13 großartige Standards, von einer faszinierenden Stimme interpretiert, in völlig neuem Kleid. Viele der Titel sind im musikalischen Gedächtnis untrennbar mit charismatischen Stimmen verbunden, denken wir nur an den Opener „My Baby Just Cares For Me“ der stets im gleichen Atemzug mit Nina Simone genannt wird. Was macht Malia damit? Zunächst einmal besticht das schleppende Tempo, das dem Song a priori sanfte Melancholie verleiht. Malia nimmt den Hörer (die Hörerin wohl auch) mit in diese Stimmung, spröde, fast brüchig spielt sie ihre raren Qualitäten aus, gibt dem Song neuen Sinn. Vergeßt getrost Nina Simone. Vergeßt aber nicht Billie Holiday, der Malia gleich darauf mit „Don´t Explain“ großartig und auf ihre ganz besondere Art Reverenz erweist. Keine andere hat es besser verstanden. Auch der dritte Titel ist mit Name und Sound „vorbelastet“ Wer anders als Randy Newman konnte bisher „Baltimore“ Gültigkeit geben. Nina Simone hat es ohne jeden Erfolg versucht – Malia schafft es.
 
Und so geht es weiter: „Feeling Good“ von Anthony Newly, ein Pop-Song aus den 60ern, Gershwins „I Love(s) You Porgy“ und Jacques Brels „If You Go Away“, an dem sich viele versucht haben, aber nur Rod McKuen so eindrucksvoll wie Malia. Und immer wieder begegnen wir Nina Simone, an deren Aufnahme-Historie sich Malia streckenweise orientiert – und sie beileibe nicht nur nicht kopiert, sondern sich immer wieder auf Augenhöhe mit ihr messen kann, ja, sie gelegentlich übertrifft. Das gilt auch für Screamin´ Jay Hawkins´ „I Put A Spell On You“, das bei Malia im Vergleich mit Nina Simone noch mehr Besitz vom Objekt der Leidenschaft ergreift: Simones Zauber ist von beinahe bedrohlichem Willen geprägt, während sich Malias Version tief, tief unter die Haut schleicht – der kann und will man gar nicht entkommen. Da hat sie etwas von der Erotik und der Katzenstimme Eartha Kitts. Zwei weitere Bonbons des durchweg überzeugenden Albums sind die beiden letzten: samten und episch „Wild Is The Wind“, der Tiomkin-Titel, der mit Johnny Mathis 1957 zum Erfolg wurde und zärtlich „That´s All I Want From You“.
Mehr wollen wir nicht. "Black Orchid" ist unseren Musenkuß wert - und zugleich Album des noch jungen Monats.
 
Beispielbild


Malia
Black Orchid

Malia  -  Gesang
Alexandre Saada  -  Klavier, Orgel
Jean-Daniel Botta - Gitarre, Kontrabaß

Laurent Sériès  -  Schlagzeug
Daniel Yvinec  -  Vibraphonette

© 2012 Universal Music

(P) 2012 Malia/Universal

Titel:

1. My Baby Just Cares For Me  2:36
2. Don´t Explain  4:48
3. Baltimore  5:02
4. Feeling Good  2:54
5. Four Women  5:47
6. I Love You Porgy  3:22
7. If You Go Away  3:12
8. I Put A Spell On You  4:06
9. Keeper Of The Flame  4:06
10. He Ain´t Comin´ Home No More  3:06
11. Marriage Is For Old Folks  2:11
12. Wild Is The Wind  7:14
13. That´s All I Want From You  3:13

Gesamtzeit:  52:02

Weitere Informationen:
www.universal-music.de/
www.jazzecho.de/malia/