Irland besser kennenlernen

Ralf Sotscheck - "Der gläserne Trinker"

von Frank Becker
Höchst amüsante irische Glossen

Auch wenn das Rauchen – geradezu grotesk in irischen Kneipen – nun verboten ist, Theke bleibt Theke und ein Abend mit Jimmy Dundas, lovely Angie, sweet  Sue, Kumpel Theo und einigen Pints ist allemal besser als vor der Glotze abzuhängen. Die in gewaltiger Zahl vorhandenen Pubs heißen in prachtvollen Farben und goldenen Lettern stolz „The Dog and the Duck“, „The Red Rose“, „“The Silver Swan“ oder „The Brandywell“ und laden zum Genuß gut eingeschenkter Gläser ein. Billig ist das wegen der hohen Steuern nicht, ein Pint kostet inzwischen fast 4,- Euro. „Kein billiger Spaß“, sagt Busfahrer Terry McKenna, „aber gesoffen wird trotzdem.“ 

An allen Ecken stehen Marien-, Christus- und Heiligenstatuen, der katholische Glaube wird ebenso ernst genommen wie das Fußballspiel (nicht nur das gälische) und das abendliche Guinness. Kinder tragen brav ihre Schuluniform und die Mädchen dazu die groteske Schuhmode der Saison. Die düsteren Friedhöfe an der Straße passen zum Irland-Klischee wie die mächtigen Scharen von Krähen und Dohlen, deren Krächzen einen überall begleitet. Die sich von der sie umgebenden urwüchsigen Natur unwirklich abhebenden schmucken Vorgärten gepflegter Häuser auf dem Land sonnen sich ordentlich ummauert im Glanz millimeterscharf geschorener Rasenflächen und modellierter Büsche und zeigen den neuen Wohlstand des einst armen Landes, in dem noch vor 150 Jahren etwa 1 Million Menschen am Hunger starben und weitere 1,5 Mio. der Not wegen auswanderten. Nicht einmal 4 Mio. Einwohner hat das 70.285 Quadratkilometer große Land, viel Platz, wenn man bedenkt, dass allein 1 Mio. im Großraum „Áth Cliath“ (Dublin) leben.


Den "taz"-Kolumnisten Ralf Sotscheck hat es vor über 20 Jahren nach Irland verschlagen - es ist seine Heimat (mit Paß) geworden, die er  deshalb in humorvollen Glossen und Feuilletons liebevoll verspotten und ans Herz drücken darf. Die werden von Zeit zu Zeit von klugen Verlegern erfolgreich in handlicher Buchform ediert, was dem Leser das ständige Kaufen von Tageszeitungen erspart.
So nun wieder einmal mit "Der gläserne Trinker", Untertitel "Irische Geheimnisse". Daß dies auch mal Sottisen über den ungeliebten englischen Nachbarn sind, bringt Farbe ins Spiel und stört überhaupt nicht. Wer "Fawlty Towers" mit Genuß verfolgt hat, wird auch Sotschecks Ludwigshafener Gegenstück mögen. Über irische Busfahrpläne, gefährliche Autofahrer aus Offaly, Luftbefeuchter und die grassierende Flatley-Riverdance-Pest amüsiert sich Sotscheck in angemessener bis bissiger Weise. Schließen wir uns seiner auf den letzen Punkt bezogenen Verwünschung an:" Flatleys Flußgehüpfe ist schuld daran, daß die US-Amerikaner glauben, das Leben in Irland sei ein einziger langer Tanz, bei dem kräftige Bauernburschen die rothaarigen Mädel durch die Luft wirbeln, während der Leprechaun, der kleine grüne Kobold, zwischen Kleeblättern auf der Blechflöte ein Klagelied intoniert. Möge er Flatley die Beine brechen." Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.

Beispielbild
Titelzeichnung ©TOM

Ralf Sotscheck
Der gläserne Trinker

© 2006 Edition Tiamat, Berlin
    Critica Diabolis 135

Paperback 158 Seiten, mit Illustationen von ©TOM

Das Vorwort verfaßte F.W. Bernstein

Beispielbild
Foto © Frank Becker

Weitere Informationen unter:
www.edition-tiamat.de