Christoph, Rupprecht, Nikolaus

von Otto Julius Bierbaum

Otto Julius Bierbaum
Zeichnung von Felix Valloton

Christoph, Rupprecht, Nikolaus
 
Ich kenn drei gute, deutsche Gesellen
Mit großen Händen und Beinen schnellen;
Mit dicken Säcken auf breiten Buckeln
Stampfen sie eilig durchs Land mit Gehuckel;
Haben Eis im Bart Und grimmige Art,
Aber Augen gar milde;
Führn Äpfel und Nüsse und Kuchen im Schilde
Und schleppen und schleppen im Huckepack
Himmeltausendschöne Sachen im Sack.
 
All drei sind früher Heiden gewesen.
Der erste heißt Christoph: Auserlesen
Hat er in einer eisgrimmigen Nacht
Das Christkind über Wildwasser gebracht.
Ruprecht der zweite ist genannt:
Der fuhr voreinsten übers Land
Tief nächten in Gespenstergraus
Als Heidengott. den Nikolaus,
Als wie der dritte ist geheißen,
Tät man als einen Bischof preisen.
 
Das ist nun all Legend und Mär,
Ich übernehme nicht Gewähr,
Daß just genau es so gewesen.
Habs nicht gesehn, habs nur gelesen.
Auf Schildereien jedermann
Die dreie freilich sehen kann.
Da ist der Rupprecht dick beschneet
Und derb gestiefelt fürder geht.
Drei Äpfel trägt der Nikolaus,
Sieht väterlich und ernsthaft aus.
Und Christopher im langen Bart
Ist heidenmäßig dick behaart,
Hat einen roten Mantel an
Und ist ansonst ein nackter Mann.
 
Die dreie nun, daß ihr es wißt,
Verehre ich als Mensch und Christ.
Sie sind so lieb und ungeschlacht
Und ganz aus deutschem Mark gemacht.
Mildherzig rauh, kratzhaarig lind,
Des deutschen Gottes Ingesind.
Die guten Knechte, reichen Herrn!
Sie dienen gern und schenken gern,
Wolln keinen Dank, wolln keinen Lohn,
Sind in sich selbst bedanklohnt schon.
 
Grüß Gott ihr dreie miteinand
Im lieben weiten deutschen Land!
Christoph, Rupprecht, Nikolaus!
Schüttet eure Säcke aus,
Schüttet sie mit Lachen,
Blickt mit hellen Augen drein
Und laßt wohl gesegnet sein
Eure Siebensachen.
 
 
Otto Julius Bierbaum (1865-1910)