Guter Mond...
Der nächtliche Wanderer in Kunst und Wissenschaft
Wem klängen nicht unmittelbar und völlig unwillkürlich die Volkslied-Zeile “Guter Mond, du gehst so stille” und Matthias Claudius´ “Der Mond ist aufgegangen” im Ohr, wenn von dem nächtlichen Wanderer am Himmel die Rede ist, das Thema “Mond” zur Sprache kommt. Der große milde Freund am Nachthimmel steht mit seiner mattweiß leuchtenden Scheibe für beglänzte Zaubernächte, für Operetten-Traumschlösser, Märchenfiguren und Science-Fiction. Silber und Blau sind ihm als heraldische Farben zugeteilt, kühle Ruhe kommt damit zum Ausdruck. Die Sichel, die er erdbeschattet zeigt, regt ebenso zu Gedanken und Dichtungen an wie sein Verschwinden zum Neumond und sein Eintauchen in die Sonnenglut bei einer Sonnenfinsternis. Wissenschaftlich erforscht und seit 400 Jahren mit Teleskopen beäugt - Galileo Galilei tat den ersten großen Schritt - bleibt der Mond dennoch ein Objekt der Poesie. Selbst der Umstand, daß bereits vor 40 Jahren (genau am 20.7.1969) Astronauten die Reise zu dem Erdtrabenten gewagt und seine Oberfläche betreten haben, nimmt ihm nichts von seinem Geheimnis, von seiner Anziehungskraft und kühlen Faszination. Man maß in den alten Kulturen in Sumer, Ägypten und bei den Maya die Zeit an ihm, seine Zyklen werden mythologisch ausgedeutet.
Lyrik und Prosa aller Zeiten und Kulturkreise und bildende Künstler aller Epochen haben den Mond
Eine Anziehungskraft anderer Art übt eine Ausstellung aus, die noch bis zum 16. August ist im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen ist. Sie beschäftigt sich umfassend mit dem Phänomen „Mond”, indem sie zeigt, wie der Erdtrabant seit dem Mittelalter künstlerisch dargestellt und wissenschaftlich erforscht wurde. Eingefasst von den Mondphasenstichen Galileo Galileis zeigt der opulente Katalog zur Ausstellung den Mond in der Malerei vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, in der Buchillustration und in frühen Druckwerken der Astronomie. Mit aufgenommen wurden Teleskope, Mondgloben, Reliefs, Weltmodelle und Fotografien aus dem Bereich der Raumfahrt inklusive Film-Stills. Ein breit angelegte Spektrum, um dem Betrachter den Erdtrabenten aus allen verfügbaren Blickwinkeln vorzustellen. Lunovis
Lunovis in planitie stat
Cultrumque magn' expectitat.
Lunovis.
Lunovis herba rapta it
In montes, unde cucurrit.
Lunovis.
Lunovis habet somnium:
Se culmen rer' ess' omnium.
Lunovis.
Lunovis mane mortuumst.
Sol ruber atque ips' albumst.
Lunovis.
(Christian Morgenstern) Gustave Dorés Illustration zu Münchhausens Abenteuern, eine humorvolle Karikatur Honoré Daumiers, ein verblüffendes Mond-Diorama aus dem Jahr 1919 von Wilhelm Kranz, Abraham
Sicher ist für wirklich jeden Besucher etwas in der einzigartigen Ausstellung, das dessen Aufmerksamkeit fesseln, sein Interesse wecken und ihn ins Gespräch mit dem Mond ziehen wird. Wer es nicht nach Köln ins Museum schafft, sollte sich das vorzüglich edierte Buch zulegen, dessen Erwerb unbedingt lohnt. Ein Gedicht zum Abschluß: das besinnliche "Abendlied" von Matthias Claudius. Es erfuhr 1959 in dem Wolfgang Staudte-Film "Rosen für den Staatsanwalt" durch Martin Held eine grandiose Renaissance, als er es in der Rolle des Dr. Schramm seiner Familie zackig militärisch vorliest:
Abendlied
(Auszug) Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
So legt euch denn, ihr Brüder, In Gottes Namen nieder; Kalt ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott! mit Strafen, Und laß uns ruhig schlafen! Und unsern kranken Nachbar auch! (Matthias Claudius)
Ausstellung: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln 26.3.–16.8.2009
Katalogbuch: „Der Mond“, Hrsg. von Andreas Blühm, mit Beiträgen von Horst Bredekamp, Hermann-Michael Hahn, Horst Hiesinger und vielen anderen Autoren – © 2009 Hatje Cantz Verlag, 303 Seiten, 25,5 x 25,5 cm, geb. m. Schutzumschlag, ca. 180 Abb., davon 160 farbig, 39,80 € (69,- CHF)
Weitere Informationen unter: www.hatjecantz.de und www.wallraf.museum
|