Ideenreiches Musikalisches Neuland

DASKwartett - "freizart"

von Frank Becker
Grenzgänge, Gratwanderungen

Allein das Umschlagfoto dieses Albums ist ein Geniestreich. Es macht so neugierig, daß man mit einer raschen Geste den Stapel beiseite schiebt, der eigentlich dran wäre gehört zu werden. Was steckt dahinter und was will uns die kuriose Schreibweise dieses neuen kammermusikalischen Ensembles sagen. Ich glaube, daß es sich hier ebenso verhält wie mit der berühmten Plakatwerbung für einen Schnaps: "...hilft dem Vater auf das Farrad". Stutzen, Neugier spüren, mehr wissen wollen. Nur daß wir dafür hier keinen Schnaps trinken müssen.

Doch auch die vier Damen an den Streichinstrumenten schenken ordentlich ein. Dreizehn "Kurze" kommen aufs Tablett, doch man muß sie nicht runterkippen, sollte sie im Gegenteil genüßlich schlürfen. Temperamentvoll auf manch schmalem Grat zwischen zeitgenössischer Klassik und Neuer Musik, Jazz und Tradition balancierend, wissen Donja Djember, Antje Vetter, Sabine Rau und Katrin Mickiewicz mit ihren Ausflügen in originelles Neuland eins ums andere Mal zu überraschen und zu faszinieren. Wer die Mantis religiosa aus der Ordnung der Mantodea als Aufhänger für sein Debüt-Album wählt, muß schon etwas anzubieten haben, um der ausgefallenen Optik ein musikalisches Äquivalent entgegenzusetzen.

Man sollte allerdings nicht in den Fehler verfallen, in die Musik oder die Titel ihrer dreizehn Stücke eine Botschaft hinein zu interpretieren, sie unbedingt wörtlich zu nehmen. "Mikado" z.B. hat nichts von der leisen Spannung des Spiels mit den Stäbchen, ist im Gegenteil zupackend und nach vorne strebend. Das Titelstück "freizart" hingegen wird im zweiten Teil tatsächlich zart, ohne sich wortspielerisch an W.A. anzulehnen. Im "Streichquartett H.U.M." zaubert Donja Djember so wunderbar auf dem Cello, daß man sich da mehr als die 5:18 wünscht. Unser männermordendes Insekt vom Umschlagbild mag man sich bei den unter die Haut gehenden Klängen und Harmonien schon vorstellen, sogar beschleicht uns ein gewisses Unbehagen...

Folkloristische Motive läßt "Abrupto" mit jazzigen Elementen hören, und der Ausklang mit "Imago" gibt noch ein kleines Rätsel mit auf den Weg. Zwar raffiniert durchkomponiert läßt das Album dennoch ein Fenster zur freien Bearbeitung und Improvisation offen. Diesen Spielraum nutzt DASKwartett mit viel Spielfreude und Genuß. Und der Hörer bleibt neugierig, legt die delikate CD gerne wieder ein. "freizart" ist das spannende, außerordentlich gelungene Debüt einer neuen, ideenreichen Formation der zeitgenössischen Kammermusik.

Beispielbild
Cover-Foto: Antje Vetter

DASKwartett
freizart

Donja Djember  -  Violoncello
Antje Vetter  -  Violine
Sabine Rau  -  Violine
Katrin Mickiewicz  -  Viola

(P) + ©  DASKwartett

Titel:
1. Pociac  3:03
2. Fugale  4:31
3. Mikado  3:59
4. Liebelei  4:06
5. Freizart  4:11
6. Mantis religiosa  3:33
7. Streichquartett H.U.M.  5:14
8. Abrupto  5:18
9. Streichquartett 3S6D3  4:15
10. Cycle  5:04
11. Olivia Z.  3:53
12. Pulapka  4:57
13. Imago  2:58

Gesamtzeit:  56:48

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