Kässpätzle und andere Ausscheidungen

Götz Frittrangs „Wahnvorstellung“

von Frank Becker

Götz Frittrang - Foto © Frank Becker
Kabarett aus dem Louisiana
des deutschen Südens
 
Götz Frittrang mit „Wahnvorstellung“
in der Kattwinkelschen Fabrik
 
Wermelskirchen. Zwischen Deutschlandfunk und China-Tournee ein Auftritt in Wermelskirchen, einer Stadt ohne Bahnhof, dafür mit vollverschieferten Häusern, schien für Götz Frittrang schon Kabarett-Stoff für einen lockeren Anfang zu sein. Das und das Klima Oldenburgs, seiner Zwangsheimat durch Leichtsinn (Heirat) genügte dem Schwaben mit fränkischem Akzent zum Aufwärmen. „Da ist es so feucht, daß es Rheumakliniken für Amphibien gibt!“ Was er über seine Geburtsstadt Friedrichshafen und den Bodensee zu erzählen hat, läßt hingegen diese Region der Sparsamkeit und der leichten Speisen wie das Auenland erscheinen, ein Louisiana des deutschen Südens.
 
Kässpätzle und Ausscheidungen

Es fällt dem, nun ja, beleibten Kabarettisten leicht, sein Format schwäbischen Kässpätzle und Maultaschen (mit Butter), gemischtem Braten (mit Butter), fränkischem Preßsack, Blauzipfel und anderen einfachen Gerichten anzulasten – und ein bißchen trägt auch seine Mutter Schuld, deren trauriger Blick ihn zu Eß-Marathons gezwungen hat. Götz Frittrang, Gewinner u.a. des Passauer Scharfrichterbeils 2010 erklärt – und jeder versteht es lachtränenfeucht - warum blöde blickende Katzen die Todfeinde vornehmlich der männlichen Menschheit sind und warum Männer ihre schwanzwedelden Hunde noch mehr mögen als ihre Frauen: „Nur ein Versuch im Vergleich: sperren Sie mal ihren Hund zwei Stunden in den Kofferraum – und schauen Sie wie der sich freut, wenn Sie ihn wieder rauslassen. Und dann…“.
Alle wissen, was ein Hosenkauf, zumal in Begleitung der Mama, für einen erwachsenen Mann bedeutet. Es ist die vollkommene Erniedrigung in höchster Perfidie, was wiederum in ihm den ‚Glöckner von C&A‛ weckt. Götz Frittrang findet die Worte dafür so, daß sich (fast) alles vor Lachen biegt. Und das gelingt ihm auch bei einem so heiklen Thema wie den menschlichen Ausscheidungen. Seine Toiletten- und Darm-Geschichten sind weniger anrüchig als urkomisch und urgewaltig – eines Matthias Egersdörfer würdig. Ein paar Gäste allerdings flohen da vor der Zeit
 
Klaus Hipp und Werthers Echte"

Das politische Kabarett scheint hingegen nur Pflichtteil seines Programms „Wahnvorstellung“ zu sein, und so beschränkt er sich dabei auf kleine Wulffiaden und ein bis zwei Seitehiebe in Richtung Merkel und Sarkozy. Schnell findet er mit der Baby-Nahrung-Reklame von Klaus Hipp, dem Kinderbrei-Hersteller mit dem treuen Blick - „Dafür stehe ich mit meinem guten Namen.“ - „Den sollte man zum Bundespräsidenten machen!“ - die Schleife zum alltäglichen Wahnsinn, dem er sein Leben und seine Texte widmet.
Da ist es wieder eine Reklame, für „Werthers Echte“ nämlich, die ihn umtreibt und in der ein alter Mann im Wald einem Knaben mit den sanften Worten „Du bist etwas ganz besonderes“ über den Kopf streicht. „Wer hat da Regie geführt? Der von ‚Es geschah am helllichten Tag‛? Oder war das ein Werbefilm für die katholische Kirche?“ Was ihn wieder auf die eigene ereignislose schwäbische Kindheit bringt: „Nicht mal der Pfarrer hat mich mißbraucht! War ich dir nicht gut genug, du Schwein?!“
Zwerchfellerschütternd auch Frittrangs Hitparade der Methoden mit den Zeugen Jehovas an der Haustür fertig zu werden. Er spielt hier wie durchweg als Bestandteil seines Konzepts mit dem subtilen Grauen. Eine Wahn(sinns)vorstellung. Selten so gelacht.
 
 
Damit Sie, liebe Leser Götz Frittrang noch ein wenig intimer kennenlernen, hier seine
„Wahre Biographie“, Bestandteil seines Programms und auch auf der Heimseite des Künstlers nachzulesen:
 
"Götz Frittrang, geboren auf der Wilhelm Gustloff, während diese unterging, ist der illegitime Sohn von Hermann Göring und Astrid Lindgren. Er wuchs mit einer falschen Identität in einem russischen Nukleartestgebiet auf, wo er erste literarische Gehversuche mit dem Theaterstück „Kopulierende Mutanten“ machte, das mit dem Stalinorden ausgezeichnet wurde. Zweimal. Eine Schule besuchte er nie, stattdessen verbrachte er lange Jahre unter den Kopfjägern Borneos und kehrte erst Anfang der 60er Jahre nach Deutschland zurück, wo er sich innerhalb kürzester Zeit mit zwölf Geschlechtskrankheiten infizierte, von denen vier bis dahin noch völlig unbekannt waren. Aus dieser Zeit stammt sein Gedichtzyklus „Brennender Süden“, der von Ernst Jünger als „das eindringlichste Werk moderner Erotika“ bezeichnet wurde. Nachdem er Ende der 70er Jahre aus der von ihm

Götz Frittrang - Foto © Frank Becker
gegründeten RAF rausgeworfen wurde, zog er sich an den Bodensee zurück. Er verarbeitete seine desillusionierenden politischen Erfahrungen aus dieser Zeit in dem Roman „Baader und Meinhof sind doof und stinken.“ Ein Werk, das von Altbundeskanzler Helmut Schmidt als „die Bibel des deutschen Herbstes“ gepriesen wurde. Es war während dieser Zeit am Bodensee, als Götz Frittrang seine Mitgliedschaft in der NSDAP, der SS und dem KGB zugab und ein für alle Mal von seinen bis dahin unbekannt gebliebenen Weltherrschaftsplänen Abstand nahm. Er widmete sich stattdessen ganz der Kunst. In den folgenden Jahrzehnten musizierte, komponierte und verfasste er fantastische Werke von epischen Ausmaßen. Kenner bezeichnen sein Gesamtwerk als die Krone dessen, was der menschliche Geist zu schaffen vermag. Es befanden sich revolutionäre wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfindungen ebenso darunter wie Gemälde und Opern. Sein Gesamtwerk mußte einige hunderttausend Seiten umfasst haben. Denn nach einem unglücklichen Zwischenfall mit einem vergessenen Teelicht waren es immer noch einige Eimer Asche. Dummerweise stieß sich Götz bei diesem Brand den Kopf und verlor schlagartig das Wissen, welches in seinen rätselhaften Werken verborgen lag. Die Nobelpreiskommission schickte ein Beileidstelegramm. Seit Kurzem versucht Götz Frittrang ein Comeback im Kabarettbereich."
 
Weitere Informationen unter: www.goetzfrittrang.de