„Warum wurde Ihre verwitwete Mutter in der Küche eingeschlossen?“

„Und ewig rauschen die Gelder“ – Farce von Michael Cooney

von Frank Becker
Und ewig knallen die Türen
 
„Und ewig rauschen die Gelder“
Farce von Michael Cooney
 
 
Inszenierung: Jürgen Lingmann - Ausstattung: Mathias Rümmler - Dramaturgie: Alexandra Jacob – Fotos: Björn Hickmann / Stage Pictures
Besetzung: Eric Swan: André Felgenhauer - Linda Swan: Katharina Dalichau - Norman Bassett: Michael Großschädl - Mr. Jenkins: Michael Putschli - Onkele George: Joachim Berger – Sally Chessington: Sigrid Dispert - Dr. Chapman: Henning Strübbe - Mr. Forbright: Georg Strohbach - Mrs. Cowper: Doris Dexl - Brenda Dixon: Melanie Vollmer
 

Wie wäre es mit einer Tasse Tee?
 
 „Warum wurde Ihre verwitwete Mutter in der Küche eingeschlossen?“ – „In all dem Tee, den ich bis jetzt getrunken habe, könnte man ein Schlachtschiff zu Wasser lassen!“ - Michael Cooneys Farce für 10 überdrehte Figuren und 1 Waschmaschine „Und ewig rauschen die Gelder“ (Cash On Delivery) ist seit ihrer Uraufführung 1994 ein ungebrochener Erfolg, seit 1996 auch auf deutschen Bühnen. Cooney trat damit in die ihm damals noch etwas zu großen Fußstapfen seines Vaters Ray, an dessen Komödien „Wie wär´s denn, Mrs. Markham?“,  „Außer Kontrolle“ oder „Lügen haben junge Beine“ er sich seinerzeit messen lassen mußte.
 
Da ist viel Slapstick drin
 
In einer gelungenen Inszenierung von Jürgen Lingmann für das Rheinische Landestheater Neuss ist André Felgenhauer der seit zwei Jahren arbeitslose Eric Swan, der sich mit ausgebreiteten Armen ins großzügig aufgespannte soziale Netz von allen nur möglichen staatlichen Zuwendungen hat fallen lassen – mit dem Haken, daß er dafür eine ganze Menge von empfangsberechtigten Untermietern erfunden hat. Es hat ihm immerhin 25.000 £ pro Jahr eingebracht. Doch die Sache kann auf Dauer nicht gut gehen, sie wächst ihm über den Kopf, er versucht nun seine virtuellen Personen auf dem Papier wieder sterben zu lassen. Ausgerechnet mit seinem echten Untermieter Norman Bassett, dem er eine vielköpfige Familie angehängt hat fängt er an. Mit dem Auftauchen eines korrekten Außendienstlers Mr. Jenkins vom Sozialamt (Michael Putschli) zerbröselt das Schwindelgebäude. Die verzweifelten Versuche, sich aus dem Gespinst immer komplizierter und absurder werdenden Lügen zu befreien, enden in völligem Chaos. Das wird, obwohl es kaum möglich erscheint, von Szene zu Szene abgedrehter – immer noch werden Steigerungen möglich. Da ist auch viel Slapstick drin.


Foto © Björn Hickmann / Stage Pictures
 
Ein Hauch von Dario Fo
 
Im totalen Chaos gipfelt damit auch das Stück mit seinen vier Türen, durch die ständig Leute geschoben werden, um in Schlafzimmer, Küche, Eßzimmer oder draußen im Gewitter zu verharren, bis die Dramaturgie sie wieder benötigt, einer Treppe nach oben und einer Kiste. Die Farce mit einem Hauch von Dario Fo wird zur völlig überdrehten Klamotte, die von den hervorragend besetzten skurrilen Charakteren lebt und einem glänzenden Ensemble, das sie angemessen mit schrillem Leben füllt. Schließlich blickt, da nach jeder Lüge eine neue Figur auftaucht, der eine abermalige neue Lüge aufgetischt werden muß, niemand mehr durch. Weder Erics Frau Linda (Katharina Dalichau) noch die rührige Gemeindehelferin Sally (Sigrid Dispert), nicht Mr. Jenkins oder Urvieh Onkel George (Joachim Berger) im Schottenrock. Da wird es dann auch gelegentlich recht deftig, doch nie peinlich, und es gibt keine, aber auch keine schwache Minute.


Foto © Björn Hickmann / Stage Pictures
 
Hochmotiviertes Ensemble
 
Das Gespann Felgenhauer/Michael Großschädl (Untermieter Norman Basset) schafft es mit Verve, den sehr burlesken Humor des Stücks grandios über die Runden zu bringen. Henning Strübbes Auftritt als Eheberater Dr. Chapman ist ein leises Solo inmitten des Tohuwabohu und sorgt neben dem komödiantischen Genie des alles überragenden Michael Putschli für Lacher, während Georg Strohbach als dröger Leichenbestatter einen Hauch von Jonathan Brewster oder Addam´s Family verströmt. Gelegentlich bemerkt man durch die Lachtränen-Schleier vor den eigenen Augen auch das Vergnügen des hoch motivierten Ensembles. Da bleibt zum Schluß nur ein weiterer Topos des Stücks: „Grundgütiger!“.
 
Weitere Informationen: www.rlt-neuss.de/