Tête-à-tête mit dem Kaiser

Über Napoleon I. und seinem Verhältnis zum Rheinland (10)

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Tête-à-tête mit dem Kaiser
 
Über Napoleon I. und seinem
Verhältnis zum Rheinland (10)

 

Vom heimlichen Royalismus der Rheinländer
und der Schande der 3.000 Mark

Jetzt gäbe es noch ewig zu erzählen, zu eng sind die Verbindungen des rheinischen Menschen zu Napoleon, ich möchte nur – abschließend – noch auf etwas hinweisen, was mir immer schon aufgefallen ist im rheinischen Universum, und das ist eine versteckte Neigung zur Monarchie.
Jetzt nicht so wie der Bayer, da ist es ja zum Greifen und das ist ja auch der Hintergrund dafür, daß sich der Freiherr von und zu als Reinkarnation von Ludwig II. eine Zeitlang einfach alles leisten konnte, ohne daß man ihn zur Rechenschaft zog. Ludwig II. hätte – wäre es nach dem bayerischen Volk gegangen – immer weiter Schlösser bauen können, Hauptsach: schee is! Nein, das ist beim Rheinländer schon ein bißchen versteckter. Wenn aber ein Mensch in einer rheinischen Führungsposition ist, hat er einen Bonus, den ich als „napoleonisch“ bezeichnen möchte und den merkt man am ehesten dann, wenn er ihn nicht wirklich einlösen kann. Ich meine Adenauer oder, noch viel mehr, Josef Kardinal Frings, die sind natürlich über jeden Zweifel erhaben, die haben sich den rheinischen Himmel schon auf Erden verdient, klar. Wenn ihn einer aber nicht erfüllt, wird er von den Kölschen und dem Rheinländer mehr gehaßt, als man vermuten würde.
 
Ein bißchen ist Kardinal Meisner so ein Fall – ein bißchen und ganz stark ist Franz Josef Antwerpes so ein Fall. Der war doch nur ein einfacher Regierungspräsident! So wie er aber von den Kölschen gehaßt wurde, muß der ja mindestens ein Bokassa oder Honecker oder wer weiß ich gewesen sein, oder? Warum das? Weil er die Liebe zur Monarchie enttäuscht hat, die Bereitschaft, ihn zum Napoleon zu küren. Das heißt: er wurde dafür gehaßt, daß die Menschen hier daran, daß er sie enttäuschte, merkten, wie monarchistisch sie immer noch sind. Das wird nicht verziehen! Deshalb ist der Prinz nur für ein Jahr Prinz und der OB höchstens für zehn Jahre OB. So ein Zeugnis monarchistischen Denkens habe ich vor ein paar Jahren im Kölner Express gelesen: der 1. FC stolperte wieder mal von einer Krise in die andere, es ging um Trainer und Poldi und Overath und was weiß ich was alles, kurz: es ging um Leben oder Tod. Als alle Mittel versagten kam die Express mit einer Riesen-Schlagzeile heraus: „JETZT MUß SCHRAMMA HELFEN!“. So ist das.
Und das ist alles der Napoleon Schuld und das ist gut so. Und deshalb isses och ejal, ob Fisimatenten von ihm kommt oder nicht, ob er vielleicht auch 4711 erfunden hat oder nicht, ob er Teufel oder Freund war, die kurze Zeit seiner Anwesenheit im Linksrheinischen und speziell in Köln war die märchenhaft-legendäre Zeit, das quasi Goldene Zeitalter rheinischen Seins, dem wir alle nachtrauern. Nur im Karneval vergessen wir das – für eine kurze Zeit. Direkt danach aber ist das Trottoir wieder die Erinnerung an die große Zeit, die Trottoirschwalv ihre Künderin un et Portemonnee voll – mit Erinnerungen an den großen, beinahe kölschen Korsen!
 
Übrigens, wo Sie grad sagen: Formalin!! Der Arzt, der Napoleons Tod feststellte, schnitt ihm auch gleich seinen Penis ab und konservierte ihn in Formalin. 1999 wurde er versteigert (in einem nicht genannt werden wollenden Londoner Auktionshaus). Er erzielte einen Erlös von ca. 3.000 DM. Jämmerlich! Wo Napoleon doch immer die rechte Hand in Brusthöhe hielt! Warum wohl!
 
 
In diesem Sinne - und tschö!
Ihr
Konrad Beikircher

 
© 2012 Konrad Beikircher für die Musenblätter - Redaktion: Frank Becker