Ein neuer Fall für Lila Ziegler

Lucie Flebbe - "77 Tage"

von Jürgen Kasten
Ein neuer Fall für Lila Ziegler
 
77 Tage schreibt Bella an ihrem virtuellen Tagebuch, ihrem Blog, und stellt sich dabei immer wieder die gleiche Frage: „Geht das noch gut, mit meiner Ehe?“
Dann endlich kommt sie zu einem Entschluß, der wie so oft bei ihren Entscheidungen falsch ist. Lila Ziegler verfolgt diesen ironisch, launischen Blog, der ein verpfuschtes Eheleben schildert, mit wachsender Spannung.
Sie stieß zufällig darauf, denn eigentlich suchte sie im Internet Informationen zu ihren neuen Kollegen. Alle möglichen Seiten sind verlinkt und Lila staunt, wie viele Pflegedienstleister sich öffentlich ihren Frust von der Seele schreiben. Daß der Beruf nicht einfach ist, erfährt sie am eigenen Leibe. Lila Ziegler, gerade 20 Jahre alt und derzeit Partnerin des Privatdetektivs Ben Danner wurde mit ihm zusammen von der Geschäftsführerin eines Pflegedienstes engagiert, um ungewöhnlich viele Todesfälle in der Bochumer Dependance des Dienstes zu ergründen.
Der ehemalige Kriminalist Danner, um die 40, tat sich schwer, diesen Auftrag anzunehmen und sich und Lila als Hilfspfleger anwerben zu lassen, um verdeckt im Pflegeteam zu ermitteln. Er weiß, wie aufreibend es sein kann, sich um Demenzkranke zu kümmern. Lila wußte es bisher nicht. Sie hat dafür ein anderes familiäres Päckchen mit sich herum zu tragen. Vielleicht war es das, was beide auch privat zueinander hin zog.
 
„77 Tage“ ist Lucie Flebbes vierter Kriminalroman mit der erfrischend quirligen Lila Ziegler als Privatdetektivin. Ihre bisherigen Romane waren herausragend und sind allgemein hoch gelobt worden. Auch dieser ist etwas Besonderes.
Witzig, ironisch, mit guten Dialogen, dabei ausgezeichnet recherchiert, führt er trotz aller Leichtigkeit ernsthaft in die Welt der Pflegedienste und deren demenzkranker Patienten ein. Die Verrichtung der Pflegearbeit, die Nöte der Kranken und Pflegebedürftigen stellt die Kernhandlung dar. Beinahe nebenher verläuft die Detektivarbeit, die sich gleichwohl spannend entwickelt, denn jede und jeder von Lilas Kollegen trägt ein kleines Geheimnis mit sich, aus dem sich erst ganz zum Schluß ein Motiv für die Tötungsdelikte ergibt und damit auch zum Täter führt.
 
Und Bella mit ihrem „77 Tage-Blog“? Er erscheint wie eine andere Geschichte innerhalb des Hauptgeschehens. Zum Schluß aber führt Lucie Flebbe beide Handlungen zu einem tragischen Ende zusammen und beweist einmal mehr, daß Kriminalromane mehr sein können, als nur die verzwickte Suche nach einem Mörder. Wie in diesem Buch, können sie durchaus auch soziale und gesellschaftliche Problemthemen transportieren gleichwohl dennoch spannend und unterhaltend sein.
Ein rundum gelungenes Buch. Sicherlich nicht das letzte dieser bemerkenswerten Autorin, die gerade 35 Lenze zählt und mit Mann und fünf Kindern in Bad Pyrmont lebt.
 
Lucie Flebbe – „77 Tage“
© 2012 GRAFIT Verlag, Broschur, 258 Seiten - ISBN: 978-3-89425-411-7
€ 9,99 (D), € 10,30 (A), swFr. 14,90 (CH)
 
Weitere Informationen: www.grafit.de
 
Redaktion: Frank Becker