Eckenga - Droste - Kramer

Neue Satire und etwas Unfug aus dem Verlag Klaus Bittermann

von Frank Becker
Was lesen die Deutschen im Sommer?

Wer Fritz Eckenga Humor unterstellt - liegt richtig. Hat er
jüngst wieder einmal sehr eindrucksvoll und knochentrocken in seinem Buch "Du bist Deutschland? Ich bin einkaufen" mit viel Prosa und einigen Gedichten trefflich bewiesen. Eckenga besetzt mit seinen Literaturen eine Nische, ein ziemlich große, denn Dortmund ist ja schließlich kein Dorf und hat eine Fußballmannschaft, deren bekennender Fan der Dichter ist.

Eckenga besingt in seinen gesammelten Kolumnen das sogar  zum Christfest
allgegenwärtige Gammelfleisch und das in Sonnenöl gegrillte beim Pauschalurlaub in der DomRep, er erzählt von Swisttal/Heimerzheim, einem Kaff, in das man niemals fahren und das man ohne die Staumeldungen im Radio nicht einmal kennen würde, und er lernt mit Herrn Stoiber (wofür wir diesem danken) den Ausländern deutsch. Seine Abrechnung mit dem Fernsehen trifft die Phalanx derjenigen, die sich in die erste Reihe drängen: Sabine Christiansen (die ja mittlerweile abgewirtschaftet hat und den Pastinakenpudding essen mußte), den in keiner Werbesendung fehlenden, notorisch-penetranten Beckenbauer, der auch launig für Tretminen Reklame machen würde, wenn die Kohle stimmte und das verwahrloste Wetter-Zappelmännchen Kachelmann. Fußball gehört zum Kohlenpott wie Eckenga selbst und der verlogene Münte - den haut Fritze, ist sein Steckenpferd. Was lesen die Deutschen auch im Winter? Eckenga! Empfohlen!


Von Kümmeltürken, Leipzig und Johnny Cash

Ganz frisch aus der Druckerpresse kommt eine weitere bunt gemischte Sammlung von Kolumnen über uns: Wiglaf Droste konnte nicht an sich halten, zwischen zwei Buchdeckel zu fassen, was er in den letzten Jahren über diverse Rundfunksender, Gazetten und die Küchen- Kampfschrift "Häuptling eigener Herd" an mehr oder weniger moderaten Bosheiten so abgelassen hat. Es ist eine Menge. Weil Wiglaf Droste ein
oft eitel, vergrätzt und bitterböse wirkender Mensch ist und sehr ungern etwas gelten läßt, trieft mitunter auch ziemlich viel Galle aus seinen Texten. Das kann streckenweise recht lustig sein, wenn er auf die einschlägt, die man auch nicht leiden kann (wie z.B. Albrecht Metzger, Tokio Hotel oder Wolf Biermann), das ist aber nicht nur subjektiv schrecklich dumm, wenn er die deutsche Teilung beschwört und sich die Mauer zurück wünscht, und das wirkt da peinlich, wo er Hilflose ausweidet.

Daß sich Wiglaf Droste vor Bernd Pfarr und F.W. Bernstein tief verneigt, ist nur angebracht und ehrt ihn ebenso wie der delikate Umgang mit der deutschen Sprache, nicht nur in den dieser explizit gewidmeten Kolumnen. "Sinn machen" klingt wie "Pipi machen". Das träufelt Honig ins Ohr und in die so reichlich verspritzte Galle. Wenn Droste gar die mit den Illustrationen Hans Traxlers geschmückte Ausgabe des Eichendorffschen "Taugenichts" von Reclam ans Herz drückt, blinzelt vehement der gute Mensch in ihm aus den bedruckten Seiten. Vollends nimmt den Leser der Westfale mit Wohnung in Leipzig - es bleibt schleierhaft was ihn geritten hat in diese längst von ihm erkannte Diaspora zu ziehen - durch seine aufrechte Haltung in Sachen Günter Grass für sich ein, indem er der Zwiebel die letzte Haut abzieht. Lesenswert.


Erinnerungslücken und Bier-Phantasien


Es gibt einen Bernd Kramer, der Blech verarbeitet, einen, der Rundflüge über Berlin anbietet, einen der an der Uni Regensburg forscht und einen anderen, der im Vorstand einer Glasscheiben- Fabrik sitzt. Und einen gibt es, der, so er nicht seiner Frau bei anarchistischen Verlagsgeschäften hilft, in der Kneipe "Zum Goldenen Hahn" in Berlin, Oranienstraße/Ecke Mariannenstraße abhängt, Bier trinkt und oft im Verein mit anderen philosophisch- literarischen Unfug produziert. Diesen Unfug schreibt er auf und gibt ihn zur Lektüre frei. Er ist schon ein kurioses Pflänzchen, der in der Bergischen Mittelstadt Remscheid geborene und in Berlin heimisch gewordene Alt-Anarchist mit dem Hang zum Suff in gleichgesinnter Gesellschaft. Ein origineller Vogel, mit so lustigen Ideen, Briefwechsel mit Banken zu führen, in denen er die Geldinstitute ultimativ auffordert, sein Konto aufzufüllen oder der fordert, seine Stammkneipe zum Weltkulturerbe zu erklären. Ganz ulkig, gewiß, aber wer, wenn nicht selbst betrunken (wie es der Verlag vorschlägt) könnte das ebenso komisch finden? Die Möglichkeiten sind begrenzt, zumal weder der Verlag noch der Autor eine Gutschrift für einen ordentlichen Trunk oder gleich eine Flasche Fusel beilegen. Mich für eine Rezension zu besaufen fand ich unangemessen aufwendig. Wenn ich mal in Berlin bin und Zeit habe, gehe ich in den Goldenen Hahn - vielleicht springt der Funke ja über. Vermutlich aber nicht.

Beispielbild

Fritz Eckenga
Du bist Deutschland?
Ich bin einkaufen.

Geschichten und Gedichte

© 2006 Edition TIAMAT
167 Seiten, gebunden
14,- €



Beispielbild


Wiglaf Droste
Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen?

Kolumnen

© 2007 Edition TIAMAT
259 Seiten, geb. m. Schutzumschlag
16,- €



Beispielbild


Bernd Kramer
Mit dem Flachmann auf Tuchfühlung

Tagebuchnotizen eines Tresenphilosophen

© 2007 Edition TIAMAT
126 Seiten, Paperback
12,- €

Weitere Informationen unter:
www.edition-tiamat.de