Alles rond

Eine moselfränkische Erinnerung

von Rudolf Engel


Foto © Frank Becker

         


Alles rond
 

Eine moselfränkische Erinnerung
von Rudolf Engel

Alles rond
 
Vum Theo wäß eich dej Geschicht, dej ganz frehjer äa Merchingen passiert äas: Mäatten äan der Nöht äas de Pitter aus der Setzung vum Gemeinderat rauskomm, un dö hot henn vill Mejh, den Haamweh ze fennen. Henn äas mej getrökelt als gang, äas schließlich dahaam ukomm, äas off alle Vejeren de Trapp roff gekrawelt un hot ed zou goader letscht doch noch geschafft, äan der Schloofkammer unze kommen. Un wej henn seich mäat allem Uwand nommaol sou half  off de Bään brööht hot, de Dier offgestuß un seich mäat den Ärmen drun feschtgeklemmt hot, dö äas nadierlich ed Marei wackrich gäan, äas vun der Polterei ganz offgeschreckt, hot seich äam Bett offgericht und de Bollermatz ugebrellert:
„Dau Saufkopp, kemmscht ejscht haam, wenn de Nööt half rem äas un bescht voll wej en Ämer. Ewei maach kään soù ´n Krach un guck, dat de endlich äan d´Bett kemscht!“
„Ma Mmmmmarei, wejjjj dann, hei äan der Kammer gäht alles rond!“ - „Wei stell deich net soù un; dau hängscht joo loo wej de Spatz om Giawel; wie leh dich endlich hin un komm zur Roùh!“
„Wwej dann, wwwennn eich dat soan, ed gääht alles rond!“ „Schwätz kää Kappes, dau ärmselijen Trepstrelles; wei haal dich net drun, wej den Hannes um Lauden, komm endlich äan d´Bett!“
„M,mmmmmarei, wwwwwwenn eich dat soan; haaaaal ed Bett fescht, ed gäht alles rond!“
De Pitter hot soù lang dröm rem gedierengelt, bes dat Marei offgestann äas un seich mäat seinen zwoù Feischten geend de Bettkant hot steipen missen. Un dö hätt de Pitter äan de Hänn gespauzt, hätt en Ulaaf gehöll un hätt seich mäat letschter Kraft äann ´d Bett faale geloss.
Wej ed Marei emmer noch dö gestan äas, soú geend ed Bett gesteipt, do hätt de Pitter dejf Loft gehöll, hot en kräftijen Relpser gedoan un mäat deitlicher Erleichterong gesoat: „Ewei loss ed schnärren!“Kaum dat ed Marei och nommoal äam Bett woar, hot hert nommoa ugefang, mäat ´m Pitter heftisch ze schännen. Ed wollt gor nemej offhieren mäat him ze dedijen.
De Pitter awer, denn hot seich längscht remgedreht un woar schun ganz weit weech. Vierher awer hot henn noch ganz zoart gesoat:
„Marei, stier meich wei net; eich säan um Beeden!“

 
Alles dreht sich
 
Vom Theo weiß ich die Geschichte, die ganz früher in Merchingen passiert ist: Mitten in der Nacht ist der Pitter aus der Sitzung des Gemeinderats herausgekommen, und da hatte er viel Mühe, den Heimweg zu finden. Er ist mehr getaumelt als gegangen, ist schließlich daheim angekommen, ist auf allen Vieren die Treppe hinauf gekrabbelt und hat es zu guter Letzt doch noch geschafft, in der Schlafkammer anzukommen. Und wie er sich mit allem Aufwand noch mal so halb auf die Beine gebracht, die Tür aufstieß und sich mit den Armen dran festgeklemmt hat, da ist das Marei natürlich aufgewacht, von der Polterei ganz aufgeschreckt, hat sich im Bett aufgerichtet und den Bollermatz angebrüllt:
„Du Saufkopf,  kommst erst heim, wenn die Nacht halb rum ist und bist voll wie ein Eimer. Jetzt mach keinen Krach, und schau, daß du endlich ins Bett kommst!“
„Ma Mmmmmmmarei, wiiiiie denn, hier in der Kammer geht alles rund!“ - „Jetzt stell dich nicht so an; du hängst da wie der Spatz am Giebel; jetzt leg dich endlich hin und komm zur Ruhe!“
„Ww,wwwwenn ich dir ´s sage, es geht alles rund!“ „Schwatz kein Kappes,  armseliger Trepstrelles; jetzt halt dich nicht so dran, wie der Hannes ans Läuten, jetzt komm endlich ins Bett!“
„M,mmmmmarei, w,w,wwwwenn ich dir ´s sage; haaaalt´ das Bett fest, es geht alles rund!“
Der Pitter hat so lange drum herum gedrängelt, bis das Marei aufstand und sich mit beiden Fäusten gegen die Bettkante hatte stützen müssen. Und da hat der Pitter in die Hände gespuckt, einen Anlauf genommen und hat sich mit letzter Kraft ins Bett fallen lassen.
Als das Marei immer noch da stand, so gegen das Bett gestützt, da hat der Pitter tief Luft geholt, einen kräftigen Rülpser getan und mit deutlicher Erleichterung gesagt: „Jetzt laß es schnärren!“ Kaum dass das Marei auch wieder im Bett war, hat es nochmals angefangen, mit dem Pitter heftig zu schimpfen. Es wollte gar nicht mehr aufhören, mit ihm zu streiten.
Der Pitter aber, der hatte sich längst rumgedreht und war schon ganz weit weg. Zuvor aber hatte er noch ganz zart gesagt:
„Marei, stör mich jetzt nicht; ich bin beim Beten!“


dedijen                                            lamentieren schimpfen, gestikulierend sprechen
dierengeln                                       lästig drängeln
schnärren lossen                            schnellen lassen; (z. B ein Gummi)
Trepstrelles                                      armer Tropf, bedauernswerter Mensch
 
 
© Rudolf Engel