Die ganze „Odyssee“, leicht gekürzt

Musiktheater für Erzähler, Sopran, Instrumentalensemble und Laterna Magica-Bilder

von Daniel Diekhans

Dorothea Brandt, Gregor Henze, Instrumentalensemble - Foto © Uwe Stratmann

Die ganze „Odyssee“, leicht gekürzt
 
„Die Irrfahrten des Odysseus“
Musiktheater für Erzähler, Sopran, Instrumentalensemble und Laterna Magica-Bilder - Musik von Dimitri Terzakis, Text von Homer.
 
Musikalische Leitung:   – Inszenierung, Bühne und Kostüme: Benjamin Prins - Fotos: Uwe Stratmann
Ensemble: Erzähler (Gregor Henze) - Sopran (Dorothea Brandt) - Violine (Keiko Kakuma-Hulverscheidt) – Oboe (Sabine Rapp) – Cello (Michael Kempa) – Klavier (Oliver Stapel) – Singende Säge (Nicholas Bardach) – Schlagzeug (Benedikt Clemens)
 
Neuer Weg: Wuppertaler Oper geht mit „Die Irrfahrten des Odysseus“ in die Schule
 
Erst nach zehn Jahren sieht Odysseus, König von Ithaka, die geliebte Heimat wieder. Homers „Odyssee“, die seine Irrfahrt durchs Mittelmeer schildert, umfaßt gut 12.000 Verse. Der griechische Komponist Dimitri Terzakis bevorzugt die kleine Form. Seine „Irrfahrten des Odysseus“ brauchen gerade einmal fünfzig Minuten, um das antike Epos neu für die Bühne zu erzählen. In einem musikdramatischen Duett verkörpern ein Erzähler und eine Sängerin sämtliche Figuren des antiken Epos.
 
Terzakis’ Mini-Oper wurde 2011 in Chemnitz uraufgeführt. Der Wuppertaler Intendant Johannes Weigand nahm das Werk als Ausgangspunkt für sein Projekt „Oper in der Schule“. Entsprechend fand die Premiere der „Irrfahrten“ am vergangenen Donnerstag im Carl-Fuhlrott-Gymnasium statt. In der aktuellen Spielzeit wird „Die Irrfahrten des Odysseus“ an acht weiteren Wuppertaler Schulen aufgeführt werden.
Mit der Aula des Fuhlrott-Gymnasiums hat Regisseur Benjamin Prins die richtige Spielstätte gefunden. Die aufsteigenden Sitzreihen, die schnell bis auf den letzten Platz besetzt sind, erinnern entfernt an ein antikes Amphitheater. Gemeinsam erleben die Zuschauer – darunter viele Schüler und ihre Eltern – das gelungene Zusammenspiel von Text, Musik und Bild. Auf einer Leinwand erscheinen runde Laterna Magica-Bilder, die die Abenteuer des Odysseus in kräftigen Farben illustrieren. In der Bühnenmitte spielt die Musik unter Leitung von Eva Caspari. Vier Wuppertaler Sinfoniker an Geige, Oboe, Cello und Schlagzeug, begleitet vom Pianisten Oliver Stapel, sorgen für rasant wechselnde Klangkulissen. Man hört das Auf und Ab des Schiffes im Wellengang, die peitschenden Wogen und den fauchenden Wind. Die Singende Säge des Bochumer Gastmusikers Nicholas Bardach steuert mal skurrile, mal unheimlich schräge Töne bei.


Gregor Henze, Dorothea Brandt - Foto © Uwe Stratmann
 
Die treibende Kraft der Inszenierung aber sind die beiden Solisten. Mit großer Leichtigkeit bewegen sich Schauspieler Gregor Henze und Sopranistin Dorothea Brandt über die abgedunkelte Bühne, die nur von wenigen Glühlampen erhellt wird. Ihr Spiel ist rasant, aber nie kurzatmig. In dunkelblauer Seemannsuniform gibt Henze den epischen Helden in all seinen Facetten. Er ist ebenso der listenreiche wie der duldsame Odysseus. Abenteurer, Verführer und treuer Ehemann in einem. Dann wieder verwandelt er sich, ist der Götterböte Hermes, der einäugige Polyphem – oder gar die naive Gespielin Nausikaa mit blonder Perücke. Seine sonore Erzählerstimme harmoniert mit Dorothea Brandts Gesangseinlagen, die mühelos zwischen liedhaftem Silbengesang und großer Arienform changieren. Die Sopranistin gibt den starken Frauen des Epos Kontur. Weißgekleidet ist sie Odysseus’ Schutzgöttin Athene. Als Sirene im schwarzen Umhang versucht sie den Helden in die Tiefe zu ziehen. Doch Henze entkommt ihren Fängen. Der Sturm der Instrumente legt sich allmählich. Als sich Odysseus und seine Frau Penelope in die Arme fallen, verklingt die kurzweilige Mini-Oper in zarten Akkorden.
 
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de