Scetches of…

Jazz_lokal – „Visual Music”

von Frank Becker

Scetches of…
Die Erfolgsgeschichte wird fortgeschrieben
 
Warum mir beim Titelstück sogleich und später immer mal wieder Miles Davis´ „Scetches of Spain“ durch den Kopf ging, wird sich dem geneigten Leser und Jazzfreund erschließen, wenn er das neue (zweite) Album nach „Savoir vivre“ der Formationen Jazz_lokal hört, dem ich ja die Nähe zu Miles ebenfalls bescheinigen konnte. Andy Gillmann (Schlagzeug), Martin Zobel (Trompete, Flügelhorn), Bert Fastenrath (Gitarre) und Carsten Stüwe (Orgel) setzen die Schwermut des Cool hier und den übrigen 12 Stücken, überwiegend aus der Feder Gillmanns und Bert Fastenraths/Carsten Stüwes, einfach hinreißend um. Ob es dabei eine Rolle spielt, daß sie aus einer der regenreichsten Gegenden Deutschlands kommen, über der allzu oft das Grau der Melancholie wie eine düstere Glocke hängt? Titel wie „Regentag“, „Twilight im Tal“ und „Wupper-Fado“ sind nahezu programmatisch. Die dichte Atmosphäre dieser außergewöhnlichen CD stellt sie gleich zu Anfang eines neuen Musikjahrs an die Spitze der aktuellen Jazz-Album Charts. Miles Davis hätte seine Freude daran gehabt.
 
Während Martin Zobel, bekanntermaßen einer der besten deutschen, wenn nicht europäischen Könner an der gestopften Trompete und dem Flügelhorn, seinem Lieblingsinstrument, in Stil und Rang eines Chet Baker aus Andy Gillmanns Kompositionen mit unerreichter Sensibilität genau dieses Gefühl zaubert, zeigt sich Bert Fastenrath als in allen Stilformen sattelfester Könner und virtuoser Verführer an seinem Instrument. Seine beflügelten Passagen stellen ihn in die erste Reihe der zeitgenössischen Jazz-Gitarristen. Noch intensiver und dichter als zuvor an den späten 60ern, in denen Musiker wie vor allem Jimmy McGriff, Jimmy Smith, „Brother“ Jack McDuff oder Booker T. Jones die Orgel im Jazz kultivierten, zeigt sich Carsten Stüve, der durch sein Spiel deren Tradition wiederbelebt. Schließlich Andy Gillmann, charaktervoll zurückhaltender Drummer und Ideengeber – er komplettiert dieses Dream-Team des Jazz mit präziser Sicherheit..   
„Visual Music“ ist ein knapp über 70 Minuten währender Hochgenuß mit wunderbaren Klang-Ausflügen, dem man allerhöchste Qualität bescheinigen kann, phantastisches Zusammenspiel und herausragende solistische Leistungen. Keine Jazzhäppchen“, wie ein Titel Fastenraths tiefstapelt, sondern Haute cuisine mit einem Sahnehäubchen: nie ist der 10cc-Hit I´m Not In Love von Eric Stewart und Graham Gouldman (10 cc eingeschlossen) jemals besser gespielt worden. Damit berührt Martin Zobel die Seele, das ist Labsal, das ist umwerfend schön. Das Jahr ist noch sehr jung, aber mein/unser Album des Monats ist das mit Überzeugung auf jeden Fall schon jetzt . Den Musenkuß hat es sich mit Verve und Zärtlichkeit vedient.
 
Jazz_lokal –  „Visual Music”
2013 Jazzsick Records
Besetzung: Andy Gillmann (Schlagzeug) - Martin Zobel (Trompete, Flügelhorn) - Bert Fastenrath (Gitarre) - Carsten Stüwe (Orgel)
 
Titel:
1. Visual Music (5:54) - 2. Twilight im Tal (5:20) - 3. Nice To Meet Yourself (5:53) - 4. The Tree (5:16) - 5. Wupper-Fado (4:37) - 6. Silent Running (4:33) - 7. Lass gut sein (5:58) - 8. Talking Big (5:11) - 9. Jazzhäppchen (5:23) - 10. Regentag (7:08) - 1l. Go! (5:51) - 12. Iridium (5:57) - 13. I Am Not In Love (3:34)
 
Weitere Informationen: www.jazzsick.com  -  www.in-akustik.com