Höchst Liebenswert

Annette Pehnt – „Der kleine Herr Jakobi“

von Frank Becker

Umschlagillustration: Jutta Bauer
Ein Narr auf dem Hügel

Vor sieben Jahren habe ich Ihnen dieses zauberhafte Buch von Annette Pehnt schon einmal vorgestellt, jetzt nahm ich es wieder zur Hand und war ebenso gefangen wie damals. Denn man muß seinen Helden, den kleinen Hern Jakobi, einfach mögen, wie er mit einer ganz eigenen Sicht auf die Dinge und auf das Leben die Welt gelassen an sich vorüberziehen läßt. Wie Lennon/McCartneys „Fool on the hill“ schaut er still zu und tut genau das nicht, was von ihm erwartet wird. Herr Jakobi hat keinen Vornamen - er ist schon immer Herr Jakobi gewesen und er hat sich nie nach jemandem gerichtet. Das ist sein Geheimnis. Dennoch gibt es ein paar Menschen, die in seiner merkwürdigen Welt einen Platz gefunden haben. Es muß ja schließlich jemanden geben, an dem man sich reibt. Trudi ist so jemand, aber noch mehr und sehr wichtig, weil sie einmal pro Woche kommt, um ein ganz klein wenig Ordnung zu schaffen, Stella.

Der liebenswerte Eigenbrödler, der am liebsten barfuß geht, ist der zärtlichen Feder von Annette Pehnt entsprungen, die wohl eine stille Neigung zu den Sonderlingen unserer Welt im Herzen trägt. Es ist das Leise, das unauffällige Kleine, das uns ein wenig in unseren Tagen fehlt, welches Annette Pehnt entdeckt und behutsam aufgeschrieben hat. Kinder sehen das eher als die sogenannten Erwachsenen. Sie kennen den Wert verborgener Schätze und sie nennen ihn beim Namen. 
„Wer sich Zeit nimmt, kann ihn dabei beobachten, wie er nachts sein Fahrrad spazieren schiebt. Oder im Regen seinen neuen grünen Schirm an der Bushaltestelle abstellt. Und wenn er, wie jeden Morgen, um zehn nach sieben in seinem blassblauen Frotteebademantel Brote backt, kümmert ihn der mürrische Hinweis seines Bekannten auf den Bäcker um die Ecke herzlich wenig. Der kleine Herr Jakobi liebt es, die Zehen zu spreizen und barfuß zu gehen, gelegentlich sogar im Winter. Und wenn es ihm zu viel wird, dann packt er seine Sachen: die verstaubte Mineraliensammlung, das Hirsekissen und sein gusseisernes Bügeleisen.“,  sagt der Verlagstext zu diesem liebenswerten Buch. Mit Jutta Bauer hat Annette Pehnt eine Illustratorin gefunden, die den leisen Zauber des Herrn Jakobi mit Herzenswärme auch im Bild festhält. Eine ganz kleine Textprobe? Bitte:

Der kleine Herr Jakobi und die Bücher

Der kleine Herr Jakobi ordnete seine Bücher der Größe nach: Weltatlas, Kunstbände, Kochbücher, Bibel, Reisebücher, Krimis, Gedichtbände. Dann nahm er sie stoßweise aus den Regalen, mischte sie und ordnete sie dann nach ihrem Material: Leder, Pappe, geleimt, geheftet, geklebt. Er wanderte an den Regalen entlang, fuhr mit dem Finger über die Buchrücken und freute sich an der Ordnung.
Hast Du alles gelesen, fragte Stella ihn. Nein, sagte der kleine Herr Jacobi ohne Reue, griff sich ein Buch aus dem Regal und wendete es hin und her. Dann stellte er das Buch zurück an seinen Platz und sagte zu Stella, morgen der Farbe nach.

Und, was sagen Sie? Muß man den nicht einfach lieben? Dafür bekommt das Buch mit Nachdruck unsere Empfehlung und unser höchstes Prädikat: den Musenkuß.

Annette Pehnt – „Der kleine Herr Jakobi“
mit Zeichnungen von Jutta Bauer

© 2005 Piper Verlag, 81 Seiten, gebunden mit farbig illustriertem Schutzumschlag und 46 Illustrationen und Vignetten von Jutta Bauer im Text – ISBN 978-3-492-04780-7
12,90 €
Umschlagillustration - Jutta Bauer

Weitere Informationen unter: www.piper.de  und  www.annette-pehnt.de