Der unsportliche Mann
oder
Demütigung durch Gummitwist
Ein Fallbeispiel
Tobias (42) hat sich noch nie gerne bewegt. Schon als Kind hat er sich gar nicht bewegt. Auch als Baby nicht. Er ist nicht gekrabbelt, nicht gerobbt, hat sich nicht vom Rücken auf den Bauch gedreht. Ganz still hat er dagelegen und sich nicht vom Fleck gerührt. Das erste Mal, dass Tobias sich fortbewegt hat, war am 11. August 1978. Da fing die Schule an.
Seine Eltern beobachteten stolz, wie er um die Ecke krabbelte, keuchend und angestrengt, weil er ja auch noch einen Schulranzen transportieren mußte, was ihn wiederum schon an der ersten Ampel dazu bewog, auf ZWEI Beinen zu gehen, weil es einfach leichter war, vor allem WEGEN des Schulranzens, wobei anzumerken ist, dass er eigentlich gar keinen RICHTIGEN Schulranzen hatte, sondern so ein kariertes Wägelchen auf zwei Rollen, mit dem ältere Damen wie er gerne einkaufen gehen. Als er dann in der Schule ankam, hatte er direkt ein bisschen Pech, denn der Klassenraum der lb war nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Stock. So mußte er MIT dem Wägelchen die ganze Treppe hoch, und diese exzessive Form der Bewegung War so schlimm für Tobias, dass der Kinderarzt ihn dann erst einmal einen Monat krank geschrieben hat.
Zugegeben: Tobias ist ein Extremfall.
Trotzdem ist im Umgang mit dem unsportlichen Mann grundsätzlich höchste, ja allerhöchste Vorsicht: geboten. Denn der unsportliche Mann weiß wie kaum einer, seine Sportbehinderung zu vertuschen und zu verschleiern und Sie damit hinterrücks in die Irre zu führen. Er würde nicht unbedingt zugeben, dass er sich nicht gerne bewegt - nein, ganz im Gegenteil. Er „vergisst“ lediglich sich zu bewegen. Abends, wenn er im Bett liegt, spürt er förmlich, dass da doch noch etwas war, was er gerne am Tage hätte tun wollen; und schwupp! fällt es ihm wieder ein: Bewegen. Das wär's gewesen. Und schon merkt er, dass er gar nicht aufgestanden ist. Aber nicht etwa aus Desinteresse, nein, einfach aus Vergesslichkeit.
Sobald er in Gruppen gerät, die auch nur einen Hauch von Unternehmungslust erahnen lassen, täuscht er ein gewaltiges Arbeitspensum oder Sodbrennen vor. Dabei weiß ja jeder, dass es gar keinen Sod gibt.
Was tun?
Der unsportliche Mann gibt vor, sein Körpergewicht in Einklang mit seinem Intelligenzquotienten bringen zu wollen. Sorgen Sie wenigstens dafür, dass er nicht noch klüger wird, denn sonst wird er ja noch dicker.
Gehen Sie viel mit ihrem Mann an die frische Luft.
Suchen Sie nach einfachen Bewegungsspielen, die ihn erfreuen, aber nicht überfordern: Stöckchenwerfen, Gummitwist, „Wer kommt in meine Arme“. Sie werden erstaunt sein, wie schnell Ihr Mann es vorzieht, sich auf eigene Faust zu bewegen.
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