Männer brauchen Grenzen

Der sportliche Mann

von Tina Teubner

© Tina Teubner
Der sportliche Mann
 
So unsportlich der unsportliche Mann sein mag, so sportlich ist in der Regel der sportliche Mann. Was ist schlimmer, werden Sie sich fragen? Ich werde es Ihnen sagen: Beides. Aber der sportliche noch ein bißchen mehr.
   Allem voran nervt seine Wahrnehmung für das, was man Idealfigur nennt. In seiner Fähigkeit, seinen Blick an Ihnen hinuntergleiten zu lassen, um dabei jedes Zehntel Gramm Fett zu registrieren, das Sie sich genußfähig und freudvoll zugefügt haben, stellt er jede noch so bescheuerte Oberbekleidungsfachverkäuferin in den Schatten. All die schönen, lange erarbeiteten (und im Übrigen auch teuren) Rundungen, all die Weichheit, die Mütterlichkeit und Wärme, die uns Frauen unseren einzigartigen Schmelz Verleihen, werden plötzlich als horizontale Benachteiligung ausgelegt. Dieser Sichtweise muß mit allen Mitteln Einhalt geboten werden!
   Wenn Sie Ihren Mann also dabei erwischen, wie er plötzlich beim Zähneputzen vor dem Waschbecken auf- und abwippt, um die Wadenmuskulatur in Schwung zu bringen, wenn Sie ihn ehrgeizig an der Bushaltestelle trippeln sehen, um keine Zeit ungenutzt zu lassen, wenn er Tag für Tag ins geisttötende Fitnesstudio abzwitschert, um beim sinnentleerten Stemmen von Gewichten seine Stimmbänder zu ruinieren, weil er lauter stöhnt, als er das je beim Sex getan hat, dann ist höchste Vorsicht geboten. Dann befindet sich Ihr Mann allem Anschein nach auf dem Weg in die Midlife-Crisis.   
 
Was Sie jetzt bedenken müssen:
 
So sehr Sie Ihrem Mann gerade jetzt die Stange halten sollten, werden Sie mir recht geben, wenn ich behaupte, daß weder Rumhampeln noch Gewichtegestöhne Verfall und Tod aufhalten. Im Übrigen auch keine Probleme lösen. Stellen Sie sich nur vor, die Mitglieder der Klimakonferenz würden sich treffen und während des wichtigen Gesprächs unentwegt trippeln, Muskeln dehnen, pantomimisch den sauberen Aufschlag darstellen: Wir hätten noch weniger Respekt, als wir ohnehin schon haben.
Somit stellt sich der Sportfanatismus als eine schlechte Lösung dar.
   Selbst das Konklave bei der Papstwahl besticht durch körperliche Ruhe zum Zwecke kluger Entscheidungen. Habemus Wampe. So ich Sie noch nicht überzeugen konnte, lassen Sie mich meine Bedenken mit einer Frage auf den Punkt bringen: Wen finden Sie attraktiver? Den Mann, der im Lacostehemd die Serpentinen raufrennt und irgendwann röchelnd, rotgesichtig, verschwitzt und stinkend auf dem Gipfel steht - oder den Mann, der den Berg souverän mit dem Moped bezwingt, den Picknickkorb auf dem Gepäckträger? Jenen Mann also, der Sie in schöngeistiger Stimmung erwartet, und ausgeruht Käse, Baguette und Rotwein auf einer Picknickdecke drapiert, Sie mit Bonmots und Komplimenten überrascht, um sich sodann ausgeruht und attraktiv der atemberaubenden Landschaft und der körperlichen Lust hinzugeben?
 
Na also. Geht doch.    
 

© Tina Teubner
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