Rosebud

Angelika Overath – „Sie dreht sich um“

von Sabine Kaufmann

Rosebud
 
„Es ist der Klassiker und trotzdem ein Schock: Ihr Mann betrügt sie mit einer jungen Kollegin! Und Anna Michaelis geht. Sie packt etwas Wäsche zusammen und nimmt den erstbesten Flug, nach Edinburgh. Ihr Weg führt sie in die Nationalgalerie. Auf einem Gemälde von Gauguin beginnt eine Frau, als Rückenansicht dargestellt, plötzlich zu sprechen. Es ist der Anfang eines Spiels. Anna reist weiter. Sie steht vor Bildern in aller Welt und entdeckt Komplizinnen, die von Sehnsucht, Ehealltag, Liebe erzählen. In der Beschäftigung mit den Kunstwerken sieht Anna auf ihre eigene Ehe zurück und findet den Mut zu einem neuen Selbstbild.“
 
Soweit der Verlag in seiner durchaus treffenden Beschreibung der ungewöhnlichen, zugleich anziehenden Idee der Autorin Angelika Overath, die ihre Protagonistin, die Journalistin und   Oberstudienratsgattin Anna auf der Suche nach Antworten auf eine Reise durch einige Museen der Welt schickt. Vier Wochen lang ist sie mit kleinem Gepäck und ihrer Kreditkarte unterwegs, um im Dialog mit denen, die sonst nicht zu Wort kommen, den Menschen in den Bildern nämlich, aber auch im Gespräch mit Reisebekanntschaften herauszufinden, was hinter den Bildern, dem eigenen zumal zu erfahren ist. Das läßt sich auch mit Paul Gauguins „Jakobs Kampf mit dem Engel“ am ersten, zufälligen Ort ihrer Flucht, der Schottischen Nationalgalerie in Edinburgh, gut an, erschöpft sich aber nach und nach durch einfach zu viele Stionen. Angelika Overath verschafft ihrer Romanfigur kenntnisreich eine sonst wenig beachtete Perspektive, den Blick auf jene, die dem Betrachter eines Bildes den Rücken zuwenden. Und Anna Michaelis schafft es, diesen Figuren von Gauguin, Vilhelm Hammershøi, Edward Hopper, Giovanni Segantini, Dominique Ingres, Jakobus Vrel und schließlich in Skagens Museum Anna Ancher nicht nur ihre stillen Geheimnisse zu entlocken. Wenden sie sich ihr nicht tatsächlich für Momente ein wenig zu, streichen eine Locke zurück oder richten sich auf? Die intime Zwiesprache führt Anna dahin, wohin die Leserin sich es wünscht: zu sich, aber in der Hauptsache zurück zu ihrem Mann. Damit wird hier kein Geheimnis verraten, das ist von der ersten Seite des gelegentlich etwas zu langatmigen und etwas eitel wirkenden Romans an so angelegt. Die Flucht der Anna Michaelis in die Bilder ist die Katharsis einer Ehekrise, wie es sie hier und überall zu jedem Tag und jeder Stunde gibt – nicht mehr und nicht weniger. Wie sie Anna ihre überwindet, ist durch die Gnade eines gut gefüllten Kontos gefördert, und mit einem Strickbären als Rosebud zumindest originell.  
 
Angelika Overath – „Sie dreht sich um“
Roman
© 2014 Luchterhand Literaturverlag, Gebunden mit Schutzumschlag, 279 Seiten - ISBN: 978-3-630-87349-7
€ 19,99 [D] | € 20,60 [A] | CHF 28,50
 
Weitere Informationen:  www.luchterhand-verlag.de