Ins Theater gehen und einfach nur entspannen!

Wuppertaler Bühnen: "Manche mögen´s heiß" (Sugar)

von Frank Becker

Manche mögens´s heiß
(Sugar)

Musical nach dem Film
von Billy Wilder und I.A.L. Diamond


 


Musikalische Leitung:
Oliver Stapel  -  Inszenierung: Reinhardt Friese  -  Bühne: Siegfried E. Mayer  -  Kostüme: Annette Mahlendorf -  Licht: Sebastian Ahrens  -  Dramaturgie: Karin Bohnert  - Choreographie : Rosita Steinhauser  -  Fotos:  Michael Hörnschemeyer  -  Videographie und Trickfilme: Frank Huhn

Sugar Kane Kowalczyk: Ute Henryke Büttner  -  Joe/Josephine: Thomas Braus  -  Jerry/Daphne: Stephan Boving  -  Sweet Sue: An Kuohn  -  Bienstock: Peter K. Hoffmann -  Zahnstocher Charlie/Sir Osgood Fielding: Andreas Ramstein  -  Gamaschen Colombo:
Ireneusz Rosinski  - Dude: Oliver Picker  -  Spats, Agent, Taxifahrer, Barkeeper, Vorturner, Lautsprecheransage, Hotelpage, Zeitungsjunge: Frederik Leberle  -  Dolores: Dana Großmann  -  Mary-Lou: Barbara Pickenhahn  -  Rosella: Hong-Ae Kim  -  Kellner: Yeow Hoew Aw
Statisterie der Wuppertaler Bühnen
Chor der Wuppertaler Bühnen - Sinfonieorchester Wuppertal
 


Charleys Tante?

Eigentlich mag ich ja keine Männer in Frauenkleidern. "Charleys Tante" (schrecklich mit Heinz Rühmann 1955 und noch schrecklicher mit Peter Alexander 1963) oder "Fanfaren der Liebe" (entsetzlich peinlich mit Dieter Borsche und Georg Thomalla), der bereits 1951 die Vorlage zu Billy


Schwestern im Geiste: Ute Henryke Büttner - Stephan Boving
Wilders Film "Some like it hot" gewesen ist, war mir immer schon ein Graus. Und um ganz ehrlich zu sein: Billy Wilders legendären Film, der wiederum die Vorlage für das jetzt in Wuppertal aufgeführte Bühnenstück war, habe ich nur der zauberhaften Marilyn Monroe als "Sugar", dem großartigen George Raft als Oberschurke "Spats Colombo" und Joe E. Brown als skurrilem Millionär Osgood Fielding wegen gemocht. Mit entsprechend gemischten Gefühlen saß ich also gestern Abend in Erwartung einer Klamotte im Wuppertaler Schauspielhaus. Ein jeder wird den Plot gekannt haben: zwei arbeitlose Musiker im Chicago der 1930er Jahre werden Zeugen des berüchtigten Gangster- Massakers am Valentinstag, müssen fliehen und verstecken sich - verkleidet - in einer Damenkapelle. Beim Gastspiel in Florida kommt es nach den zu erwartenden Verwicklungen zu einen kuriosen Happy End.

Große Revue-Bühne

Doch bereits die offene schicke Bühne hatte einen recht positiven Effekt - ließ sie doch durch die im Halbdunkel sichtbare Ausstattung, darunter eine Drehscheibe, überdimensionierte Requisiten, einen


Showtime!  -  Ute Henryke Büttner
kreisrund eingelassenen Orchestergraben und eine im Hintergrund erkennbare Showtreppe (zur Ersparnis vernünftig von der "Linie 1" übernommen) eine Revue erwarten. Siegfried E. Mayer hatte bei der Gestaltung viele gute Ideen und eine glückliche Hand. Wie man hörte, spielte dann bei der Premiere auch endlich und fehlerlos die Technik mit, die bis dahin einige Haken gehabt hatte.
E voilá - die Revue kam dann auch sogleich in ansehnlicher Gestalt, nein, nicht der Hiller- oder der Tiller-Girls, doch einer durchaus begabten Girl-Truppe, die in immer neuen Kostümen - diese nebst eleganten Hüten und Nadelstreifen-Ganoven-Anzügen Annette Mahlendorf zu verdanken - fleißig die hübschen Beine schwang. Eine Girl-Truppe braucht eine Band,
die Band einen Star und alle zusammen eine Chefin: das waren Ute Henryke Büttner als Sugar Kane Kowalczyk und An Kuohn als resolute Sweet Sue. Die hat ihren großen Auftritt erst gegen Ende, da aber zeigt die Charakterdarstellerin An Kuohn, was für eine gepfefferte Sängerin mit großem Show-Talent sie ist. Hut ab!

Zum Anbeißen

Ute Henryke Büttner hingegen bringt die Musical-Ausbildung bereits mit. In Hildesheim von Gerd Leo Kuck als Sugar gesehen und für die Inszenierung als Gast nach Wuppertal verpflichtet, geht ihr die Rolle leicht von der Hand, will sagen den Stimmbändern und den Beinen, denn tanzen muß (und kann) sie auch. Sie ist jung und sympathisch und verfällt nicht in den Fehler, M.M. kopieren zu wollen,


I wanna be loved by you... (Büttner)
wenn ihr tolles bodenlanges Silber-Show-Kleid das auch suggerieren möchte. Souverän und süß sexy gibt sie die Sugar in einer charmanten Mischung aus Annett Louisan und Angelika Milster. Das gefiel dem Publikum spürbar. Nun aber zu den ungeliebten Männern in Frauenkleidern: hier mußte sich Thomas Braus (Saxophonist Joe), den man als Charakterschauspieler und auch hochbegabten Musicaldarsteller (ich erinnere mich gerne an seinen Prof. Higgins in "My Fair Lady") schon in vielen Rollen überzeugend erleben konnte, sicher ein wenig zwingen. Sichtbar lockerer in den Passagen, in denen er wieder Mann sein darf, zeigte er insgesamt ein weiteres Mal die Weite seiner darstellerischen Palette. Opernsänger Stephan Boving hatte als sein Kumpel Jerry, Bassist, da ganz eindeutig den komödiantischeren Teil erwischt, gibt diese Rolle doch viel mehr Komik her, wie wie schon aus dem Film von Jack Lemmon wissen. Mit der Rolle und dem kongenialen Andreas Ramstein als lebensfrohem Millionär Osgood Fielding an seiner Seite avancierte Boving spätestens im Duett mit Ramstein zum umjubelten Publikumsliebling dieser Inszenierung. Mit Diadem und im roten Abendkleid war er aber auch zum Anbeißen. Was Büttner/Sugar an Natur überzeugend mitbrachte, spielte Boving/Daphne mit Humor ein.

Trommelfeuer

Peter K. Hoffmann gab in der Rahmenhandlung einen liebenswerten Agenten Bienstock und Frederik


Ireneusz Rosinski
Leberle glänzte (mit -zig blitzschnellen Umzügen hinter der Bühne) in diversen Rollen. Ireneusz Rosinski machte Freude als ordentlich steppender Gangsterboß. Eine hübsche Idee Reinhardt Frieses, der eine insgesamt und durchgängig höchst unterhaltsame Inszenierung ablieferte, war dabei, mal nicht auf der Bühne schießen zu lassen (da erschrickt man immer so), sondern das MP- Feuer durch prasselnden Steptanz zu illustrieren. Ebenso spaßig wie funktionell und effektvoll ausgedacht waren ein großer roter Schuh als Showtreppe und Waschraum, ein riesiger Kontrabaß als Hotelzimmer und Schlafwagenabteil und ein paar Geldstapel  - schließlich geht es in dieser Komödie um viel Geld - als Tisch und Stühle. Weit über "Stadttheater-Niveau" spielten die Musiker des Sinfonieorchesters Wuppertal unter Oliver Stapel die schmissigen Revue-Melodien, das eigene Vergnügen war ihnen anzuhören.

Frank Huhn, sein Flamingo und der Schwertfisch

Einen Herrn habe ich mir bis zum Schluß aufgehoben: Frank Huhn, der im Programmheft kryptisch

Thomas Braus - Büttner - Schwertfisch
unter "Videographie" aufgeführt wird. Ihm dankt die Inszenierung ihre witzige, höchst originelle und einfach zauberhafte animierte Hintergrundgraphik. Werden Am Anfang im Oval über der Showtreppe die dramatis personae vorgestellt, was schon für Amüsement und Beifall sorgte, gab es für diverse der von ihm animierten Zeichentrickfilme, die hin und wieder im Hintergrund überleiteten bzw. bildlich erläuterten, sogar Szenenapplaus. Seinen Flamingo und seinen Schwertfisch habe ich ins Herz geschlossen. Wäre die Aufführung nicht ohnehin ein Vergnügen für die ganze Familie, allein wegen der Filmeinspielungen würde es sich lohnen hinzugehen. Sie kennen den berühmten Schlußsatz Fieldings: "Nobody is perfect." - diese Aufführung schon. Noch dreizehn Mal wird das Stück in Wuppertal gezeigt. Sichern sie sich eine Eintrittskarte (die Premiere war ausverkauft)!

Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de