Schluß mit der Verständnis-Heuchelei

Witze über Religionen sind erlaubt – auch über den Islam

von Ulli Tückmantel

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Schluß mit der Verständnis-Heuchelei
Witze über Religionen sind erlaubt – auch über den Islam
 
Kommentar von Ulli Tückmantel, Westdeutsche Zeitung

Seit Rudi Carrell 1987 in der Satire-Sendung „Tagesshow“ mit einem harmlosen Scherzchen – verschleierte Frauen warfen (scheinbar) wie kreischende Teenies mit Unterwäsche nach ihrem Idol Ayatollah Khomeni – eine regelrechte Staatskrise zwischen der Bundesrepublik und dem Iran auslöste, macht der deutsche Qualitäts-Humor einen angstvollen Bogen um Witze über den Islam. Und wann immer es irgendwelchen Fanatikern in den Kram paßt, ihre Pöbelbanden unter dem Deckmantel des Islam zum kollektiven Beleidigtsein aufzufordern und für Mord und Totschlag demonstrieren zu lassen, fühlen sich westliche Demokratien zur Beschwichtigung aufgerufen.
Daß Dieter Nuhr sich nun bedroht fühlt, weil ein offenkundiger Islamist den Kabarettisten als „Haßprediger“ angezeigt hat, zeigt einmal mehr, wie weit sich in Deutschland die Parallel-Gesellschaften bereits voneinander entfernt haben. Ein Islamist zeigt einen Kabarettisten als Haßprediger an – das ist doch an sich ein schreiend komischer Witz. Die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gebietet es, in solchen Fällen endlich die Verständnis-Heuchelei zur Verdeckung der eigenen Feigheit und Konfliktscheu abzulegen und denen, die unseren Rechtsstaat vorführen wollen, in aller Deutlichkeit klar zu machen, was in Deutschland erlaubt ist.
Selbstverständlich darf man in Deutschland Witze über Religionen machen; sogar schlechte. Und natürlich auch über den Islam – auch wenn die meisten Spielarten des Islam offenbar ein erhebliches Humor-Problem mit sich selbst haben. Lachen, und vor allem das Lachen über sich selbst, ist wesentlicher Bestandteil der Kultur der Freiheit und der Aufklärung. Ein Islam, der zu Deutschland gehören will, muß das ertragen. Im besten Fall lacht er einfach mit.
Der Koran selbst kennt übrigens keine Bestrafungen weltlicher Art für Verspottungen oder Blasphemie. Auch die angebliche Anweisung des Propheten „und lache nicht viel, denn das viele Lachen tötet das Herz“ steht weder im Koran, noch stammt sie überhaupt von Mohammed, sondern von einem Asketen des 8. Jahrhunderts. Der Koran sagt dagegen sehr eindeutig: „Laß den gläubig sein, der will, und den ungläubig sein, der will“ (Sure 18:30).
 
 
Der Kommentar erschien am 27. Oktober 2014 in der Westdeutschen Zeitung
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors