Engel

Textile Bild-Geschichte der Götterboten

von Andreas Rehnolt

Heldentod - P. Beckert pinx.

Textile Bild-Geschichte der Götterboten
 
Datenbank der Abteilung Christliche Archäologie der Universität Bonn
weist auch „die älteste Engelsdarstellung mit Flügeln“ auf
 
Die Engel bekamen nach Ansicht der Universität Bonn in der Mitte des 4. Jahrhunderts nach Christus Flügel. Davon zeuge ein „Genesis-Wandbehang“, auf dem alttestamentarische Szenen dargestellt sind und der „die älteste Engelsdarstellung mit Flügeln“ ist, wie Katharina Neuser von der Abteilung Christliche Archäologie der Universität jüngst mitteilte. In der Zeit davor sind bei Engeln keine Flügel bekannt. Die Datenbank des Instituts präsentiert laut Neuser die textile Bild-Geschichte der Götterboten.
 
Gerade in der Vorweihnachtszeit sind Engel nicht zu übersehen, wobei ihr typisches Merkmal stets die rückwärtig „angebrachten“ Flügel sind. In der Universitäts-Datenbank sind vor allem Fakten zur Altersbestimmung von Textilien mit Engelsdarstellungen aus der Spätantike des ersten Jahrtausends vor und nach Christus gesammelt. Auf einzigartige Weise sind diese Daten mit archäologischen und technologischen Informationen zu den Geweben verknüpft. Ursprünglich wurden Engel als männliche Figur, häufig in kurzem Gewand und mit einem Stab dargestellt, lernt man.
„Engel sind in der christlichen Ikonographie zunächst einfach Boten, die den Menschen Nachricht und Hilfe von Gott überbringen“, erklärte die Archäologin Sabine Schrenk. Daß sie später mit Flügeln dargestellt wurden, sei offenbar „eine Verschmelzung des himmlischen Boten mit der geflügelten Siegesgöttin Victoria aus der römischen Mythologie“ gewesen, so Katharina Neuser ergänzend. Die sogenannte „Marienseide“ im Textilmuseum der Abegg-Stiftung im schweizerischen Riggisberg, die ungefähr ins späte 4. Jahrhundert datiert werden kann, zeigt noch einen Götterboten ohne Flügel.

Laut Sabine Schrenk finden sich bislang kaum archäologische Forschungsansätze, in denen Textilien als Datierungshilfen herangezogen werden. Das Beispiel des Genesis-Wandbehangs zeige aber, wie wertvoll die Zusammenstellung datierter Gewebe in der Datenbank (
www.textile-dates.info) sei. Sie umfaßt inzwischen 269 Textilien, unter anderem Wandbehänge, Gewänder und Mumien aus dem ersten Jahrtausend vor Christus bis zum ersten Jahrtausend nach Christus und sei eine einzigartige Grundlage zur kulturhistorischen Einordnung von Textilien.
Denn in dieser Datenbank sind erstmals Gewebe öffentlich zugänglich erfaßt, deren Alter mit der Radiocarbonmethode bestimmt wurde. Seit kurzem erscheinen auch Textilien, die durch historische Informationen anhand von zum Beispiel archäologischen Schichten oder Inschriften datiert sind. „Beide Methoden ergeben endlich eine sichere zeitliche Einordnung“, betonte Schrenk. Die Radiocarbonmethode nutzt organische Materialien, zu denen zum Beispiel auch Seide, Wolle und Leinen zählen. Anhand des Zerfalls von radioaktiven Kohlenstoff-14-Isotopen läßt sich das Alter der Textilien errechnen.
 

Redaktion: Frank Becker