Irrwitzige Geschichten aus der Münchner Vorstadt

Michael Sailer – „Schwabinger Krawall“

von Frank Becker

Wunderbare Alltags-
und Saufgeschichten
 
Es ist natürlich ein rechter Schmarrn, wenn irgend so ein Pressehansel den Sailer Michael und seine Münchner Vorstadtgeschichten „Schwabinger Krawall“ anbiedernd mit Karl Valentin vergleicht. Bei Szenen wie „Der Bub“ mag es ja gerade noch gelten, aber mit dem skurrilen Anarcho-Humor vom Valentin haben diese Geschichten ansonsten aber auch so was von gar nichts zu tun. Michael Sailer langt da gerne schon etwas deftiger hin, läßt Typen aufmarschieren, die aus den Songs der Spider Murphy Gang oder den Filmen von May Spils gesprungen sein könnten, dem Personal von Jaromir Konecnys Roman „Tatar mit Veilchen“ recht nahe kommen und deren Welt die Straßen Münchens sind, auf denen einst der Sommer Sigi seinen „Blasius“ grantelnd spazieren ließ.
 
All das ermöglicht aber nur eine unzulängliche Annäherung, von Einordnung ganz zu schweigen. Michael Sailer hat mit seinen ironischen bis überdrehten Miniaturen über Leute von nebenan und eine nicht nur leicht neben der Spur stehende, dauerbedröhnte Münchner Vorstadt-Chaotentruppe eine kleine Form geschaffen, die sich neben den derilierenden Protagonisten M.A. Numminens, Wenedikt Jerofejews oder Frank Schulz´ durchaus behaupten kann: Hubsi, Jackie, Jaqueline, Violetta, der Ferrari-Schorsch und etliche mehr. Andere hingegen könnten auch dem Blasius bei seinen Spaziergängen begegnet sein, Münchner Alltagstypen wir die Frau Hammler und die Frau Reibeis, Herr Reithofer oder Herr Stanggradl.
 
Michael Sailer stellt einige seiner in Schwabing (und anderswo) live aufgezeichneten Geschichten, die nicht zu Unrecht als irrwitzig bezeichnet werden, auf einer köstlichen CD der Reihe hör|kunst bei kunst|mann vor – gelesen von ihm selbst, wobei er sich manchmal ob der eigenen Komik das Prusten nicht verkneifen kann. Das ist eine echte Entdeckung, ansteckend komisch und höchst unterhaltsam. Für Autofahrten, besonders im Fall eines Staus sehr zu empfehlen. Aber auch daheim, bei einer gemütlichen Maß, als Hörvergnügen nicht zu verachten.
Zwischen 2007 und 2011 sind die „Schwabinger Krawalle“ auch in Buchform erschienen – der Lagrev Verlag bietet sie an - und regelmäßig sind sie und anderes auch auf der Heimseite vom Seiler zu finden (siehe unten).
 
Michael Sailer – „Schwabinger Krawall“
Irrwitzige Geschichten aus der Münchner Vorstadt
© 2015 Verlag Antje Kunstmann – 1 CD im Digipack mit 8-seitigem Beiheft - ISBN 978-3-95614-047-1
Gesamtspieldauer:  1:15:00
 
Weitere Informationen:  www.kunstmann.de  -  www.michaelsailer.de