Warum Horoskope recht behalten
In meinem Horoskop, also in den Sternen, steht: „Wenn Sie diese Woche Fleiß und Engagement zeigen, sind Sie im Job ein gemachter Mann!“ Das macht nachdenklich. Einerseits denkt man: Fleißig und engagiert bin ich seit meiner Geburt, warum soll´s diese Woche jemandem auffallen? Andererseits: Herrlich! Eine Woche Fleiß reicht, und ich bin Held der Arbeit.
Solche Voraussagungen kommen von Gazetten beim Friseur oder von Menschen, die an historischen Stätten zu finden sind, wozu Delphi und die Granger Kirmes zählen. In Delphi - es ist schon etwas länger her - saß eine der prominentesten Vertreterinnen der Gattung: Pythia. Pythia hat in Sachen Horoskop Prägendes geleistet: Sie hat sich blumig ausgedrückt. Das erhöhte die Treffer. Kam jemand und fragte, wie er im Kampf am besten bestehen könne, sagte sie nicht schnöde „Immer auf die Glocke!“. Nein, die Pythia, die orakelte „Selbst ein Reißverschluß hat Zähne“ oder „Der Vogel, der morgens singt, hat abends dicke Mandeln“. Aus heutiger Sicht würde man das als Trickbetrug werten. Trotzdem gingen die Griechen gerne hin zum Hang des Parnassos. Man kriegte halt was zum Nachdenken fürs Geld.
Eine Großtante, die ihre Kinderlosigkeit bedauerte, ist auch mal dagewesen. Nicht in Delphi, da fuhr von Herten kein Bus. Sondern nach Remagen, wo die Buchela wohnte, von der sich angeblich selbst Adenauer etwas sagen ließ. Na, jedenfalls fragte die Tante dort nach ihrer Zukunft. Und die Buchela, die schaute ins Weite und sagte: „Du und Dein Mann, ihr bleibt nicht mehr lang allein.“ Weihnachten lag dann ein Dackel unterm Baum. Die Buchela hatte Recht behalten. Denn der Onkel wußte: Horoskope sind, was wir aus ihnen machen.
© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.
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