Blue Bayou

James Lee Burke – „Sturm über New Orleans“ (The Tin Roof Blowdown)

von Frank Becker

Hardboiled
 
James Lee Burke -
Sturm über New Orleans
 
Als Hurrikan Katrina 2005 New Orleans mit voller Wucht trifft, brechen Infrastruktur, Administration und soziale Regeln zusammen. In der überfluteten, zerstörten Stadt treiben in den Straßen zwischen den Trümmern der Häuser Leichen, Menschen versuchen trotz der akuten Lebensgefahr, ihr Hab und Gut zu retten, und Plünderer bereichern sich am Eigentum ihrer Mitbürger. Es kommt zu Gesetzlosigkeit, Raub, Einbuch, Erpressung und Mord - Anarchie.
 
Detective Dave Robicheaux vom Sheriff´s Departement, dessen Dienststelle in die weniger geschädigten Außenbezirke von New Orleans ausgelagert wurde, muß inmitten dieses Chaos die brutale Vergewaltigung an der Tochter des Versicherungsagenten Otis Baylor, den Einbruch in das Haus des Verbrechers Sidney Covick und die Ermordung zweier schwarzer Plünderer aufklären. Nebenbei versucht er, einen verschwundenen Priester finden. Unterstützung bekommt er, so gut es geht, von seinem engen Freund und Ex-Kollegen Clete Purcell, der als knallharter Kautions-Detektiv hinter den gleichen Leuten her ist wie Dave und auch mit den gleichen Gangstern Ärger bekommt.
Als sich mehr und mehr verdichtet, daß die Taten irgendwie zusammenhängen, weil der Name Bertrand Melancon überall auftaucht, wird es auch für Robicheaux, seine Frau Molly und die Tochter Alafair gefährlich. Offenbar steckt mehr hinter dem Einbruch bei Covick, als man anfangs ahnen kann, denn auch selbsternannte Bürgerwehren und der psychopathische, undurchsichtige, kaltblütig-schmierige Ronald Bledsoe treten auf den Plan. Diverse Morde an kleinen Verbrechern im Umfeld der Taten sowie Mordanschläge auf Robicheaux und seine Familie und auf Clete alarmieren Dave, der mit aller gebotenen Härte ermittelt. Wie er und Clete, Sheriff Helen Solieau und die trotz des Zusammenbruchs der Organisation mit allen noch zur Verfügung stehenden Mitteln arbeitende Polizei die Zusammenhänge aufdecken, aufklären was Falschgeld, Blutdiamanten, ein .38er und bezahlte Mörder für eine Rolle spielen und wie sich das Geschehen bis zum dramatischen Showdown entwickelt, erzählt James Lee Burke packend und mit tabuloser Sprache.
 
Das Buch ist eine großartig gemachte Hardboiled-Detective-Story, deren Stil sich an die berühmte Schwarze Serie von Kriminalromanen der 1940er bis 60er Jahre anlehnt. Zugleich sind die präzisen Stimmungs- und Naturbilder die Burke entwirft, die geradezu riechbaren Szenen der Bayous von Louisiana und des modrig verrottenden New Orleans brillante Literatur. Ein „Wälzer“ von immerhin 576 Seiten, gewiß, aber ein lohnendes Lesevergnügen, bei dem Burke immer wieder Haken schlägt, bis endlich die Spuren zu einer Lösung zusammenlaufen. Die Figuren, die Burke zeichnet, denen er Charakter, Kanten und Konturen gibt, sind hervorragend herausgearbeitet. „Sturm über New Orleans“ hält die Spannung bis zum kompromißlosen Schluß, wenn auch ein Rätsel nicht aufgelöst wird. Aber lesen Sie selbst. Genau die Lektüre, die Sie mit in die Ferien nehmen sollten. Eine Empfehlung der Musenblätter.
 
James Lee Burke – „Sturm über New Orleans“ (The Tin Roof Blowdown)
Übersetzt von Georg Schmidt - Nachwort von Oliver Huzly
© 2015 Pendragon Verlag, 576 Seiten, Klappenbroschur  -  ISBN 978-3-86532-450-4
17,99 €
 
Weitere Informationen:  www.pendragon.de