Bastard
Die Besatzung Frankreichs durch die Deutschen hat einen langen Schatten in das Leben des ihr Nachgeborenen Patrick Modiano geworfen, erzählt er doch in seinen bislang zwanzig Romanen wie manisch davon. Warum? Die nun vorliegende Autobiographie zu den Romanen verrät es deutlich: Wegen seines Vaters. Der hat, obwohl Halbjude, die zwielichtige Rolle eines Profiteurs der Besatzer gespielt, in die der Sohn in den Romanen bisweilen kriecht. Dabei wird der Äther, den der junge Modiano nach einem Unfall vor einer Operation hat einatmen müssen, zum Stifter seines literarischen Verfahrens, das eine wunderbare Zwischenwelt von Erinnerung und Vergessen herauf beschwört. Wie in einem Nebel begegnet er Vergangenheit und Gegenwart, erzählt in unzähligen immer im Vagen bleibenden Episoden davon. Nun aber schafft Modiano mit dem Bericht Klarheit, entschlüsselt seine Geschichten. So genau wollen wir es nicht wissen, wird seine verschworene Lesergemeinde sagen, hat sie doch genau den poetischen Schwebezustand geliebt, in dem seine Figuren verharren. „Ich schreibe diese Seiten, um einen Schlußstrich zu ziehen unter ein Leben, das nicht meines war. Es handelt sich nur um eine dünne Schicht von Fakten und Gesten“, liest der Modianosüchtige schockiert, fürchtet, ihr Autor würde nun kein Buch mehr schreiben. Doch man kann ihn beruhigen, Modianos nächster Roman ist gerade in Frankreich erschienen und trägt den Modianosoundtitel: „Im Café meiner verlorenen Jugend.“
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Patrick Modiano © 2007 Carl Hanser Verlag München 126 Seiten, geb. www.hanser.de |