Nur für Bullock-Fans - ansonsten: zu wenig

„Our Brand Is Crisis“ von David Gordon Green

von Renate Wagner

Our Brand Is Crisis
(Die Wahlkämpferin)
(USA 2015)

Regie:  David Gordon Green
Mit: Sandra Bullock, Billy Bob Thornton, Joaquim de Almeida u.a.
 
Wahlkampf – man hat es oft genug erlebt, den Österreichern steht es bevor. Ganz so wild wird es nicht zugehen, wenn wir uns für einen Bundespräsident (oder eine Präsidentin?) entscheiden sollen, aber untergriffige Behauptungen wird es schon geben (ein Dementi verstärkt ja die Sache noch), und auch bei uns sind die Wahlkämpfer ja nicht wirklich mit Gewissen belastet. In den USA allerdings geht es mit den allerhärtesten Bandagen an Sex und Money und Verleumdung, nicht daß man es nicht wüßte. „Die Wahlkämpferin“ pendelt als Film zwischen auf der Hand liegender Kritik und etwas grimmigen Humor, um am Ende im hemmungslosen Kitsch zu landen.
Dennoch bezweifelt man nicht, daß diese Geschichte auf einer wahren „Basis“ ruht: 2005 hat Rachel Boynton in dem Buch „Our Brand Is Crisis“ beschrieben, wie amerikanische Wahl- und Imagefachleute in Bolivien einen Kandidaten zum Präsidenten hievten. Daß man a priori weiß, nicht den besten, ja nicht einmal einen guten Kandidaten zu unterstützen, tut absolut nichts zur Sache. Es werden auf jeden Fall Strategien entwickelt, unter der Gürtellinie, mit den billigsten Instinkten spielend, Meinungen manipulierend, Ängste weckend: „Our Brand is Crisis“ bedeutete, daß man die Idee, eine Krise auszurufen, für den richtigen Weg hielt, den (unsympathischen) Kandidaten als harten Mann zu verkaufen, der ein armes Volk als einziger aus der selbst erklärten Krise retten kann.
 
Eigentlich war der von David Gordon Green routiniert, aber nicht bemerkenswert inszenierte Film dahingehend  gepolt, daß George Clooney die Hauptrolle spielen sollte. Er hat sich dann auf den Produzentenjob zurückgezogen (vielleicht wollte er nicht Aushängeschild für eine allzu schlichte Geschichte sein), und es ist nicht der erste Fall, daß eine Figur ihr Geschlecht wechselt. Sandra Bullock, die so lange eine Comedy-Queen war, mag die Herausforderung, eine völlig gebrochene Persönlichkeit spielen zu können, gereizt haben. Und sie ist auch überaus überzeugend: Man lernt Jane Bodine kennen (die Geschichte wird in Rückblende eines Fernseh-Interviews gezeigt), als man sie nach einem Wahlkampf diffamiert und ruiniert hat (später stellt sich heraus, daß sie in eine Falle gelockt wurde) und sie sich in ein einsames Blockhaus zurück gezogen hat.
Dort wird sie von einem Team (Ann Dowd, Anthony Mackie, dann kommen noch Scott McNairy und die skurrile Zoe Kazan dazu) aufgestöbert, die als US-Fachleute engagiert wurden, Pedro Castillo in seinem Wahlkampf um die Präsidentschaft Boliviens zu unterstützen. Joaquim de Almeida spielt ihn als den Snakefucker, der er sein soll – einer, der nur zynisch nach der Macht drängt und nicht die geringste Absicht hat, nach dem Sieg irgendeines seiner Versprechen einzuhalten. Der Kinobesucher weiß es, Jane Bodine weiß es auch. Trotzdem tut sie ihren Job…
 
Anfangs sehr unwillig, dann nach und nach einfach mitgerissen vom „Handwerk“ ihres Jobs, der sich so entfaltet, wie man sich das gnadenlose Spiel um Prozentpunkte vorstellt. So richtig spannend wird es nie, und daß man als Janes zynischen Konkurrenten Pat Candy, ihre Nemesis, der schon einmal ihre Karriere zerstört hat, Billy Bob Thornton vor sich hat, durchaus cool-smart, listig-verlogen, putzt die Sache nicht ausreichend auf.
Und daß Jane am Ende sich dem Volk anschließt, das gegen den Präsidenten protestiert, dem sie in sein Amt verholfen hat – das ist dann zu viel für einen Film, der im ganzen zu wenig ist… Es sei denn, man ist ein Sandra Bullock-Fan – denn sie lohnt die Kinokarte. Aber nur sie.
 
 
Renate Wagner 21.1.16