Bericht aus Peking

Reise-Annalen eines russischen Offiziers

aus dem Jahr 1843

Große Mauer bei Badaling
Photographische Aufnahme von Frank Becker

Reise-Annalen


Ein russischer Offizier gibt in seinen "Reise-Annalen" eine Skizze von der chinesischen Hauptstadt Peking und deren Umgegend, der zufolge dieselbe in einem Thale gelegen ist, welches nordostwärts von einer Bergkette begränzt wird, die die Chinesen nach ihrer Lage zur Stadt in die nördliche und westliche abtheilen. Die erstere ist nur eine Tagreise weit von Peking entfernt, und der Weg dahin in der Sommerzeit höchst malerisch, da das Land gut angebaut ist. In der Nähe dieses nördlichen Gebirges gibt es einige Quellen, die 45 Grad Wärme haben. Ihr Wasser wird durch Röhren zu Bädern geleitet, die in dem Kalkfelsen ausgehauen und mit Bleiplatten belegt sind. Zu Anfang des Frühjahrs strömen viele Menschen hieher, theils zur Heilung ihrer Gesundheit, theils um sich zu amüsiren (tout comme chez nous). In den Tempeln, deren es mehrere unfern der Bäder gibt, kann der müde Pilger oder Reisende ein Unterkommen finden, inzwischen lassen sich die Priester ihre Gastfreiheit theuer bezahlen, zuweilen bis zu 25 Rubel den Tag.
In den Thälern wachsen eine Menge Fruchtbäume, auch Weidenfichten, Wachholderbeeren- und Cypressenbäume, jedoch ohne große Gehölze zu bilden. Das westliche Gebirge ist höchst reichhaltig an Kohlen, woraus die Chinesen aber nicht so vielen Nutzen ziehen, als sie es könnten, weil sie im Grubenbau noch sehr zurück sind. Zu Peking ist es zur Winterszeit ziemlich kalt; auch fällt dort häufig Schnee; um sich zu erwärmen, leiten die Chinesen Kohlenhitze vermittels Röhren durch ihre Gemächer, genießen auch alle Getränke, selbst den Wein nur heiß.

"Der Sammler" - Unterhaltungsblatt für alle Stände
Wien, Dinstag den 24. Jänner 1843